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Die Mieten auf dem Berliner Wohnungsmarkt sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Als eine Folge davon droht vor allem einkommensschwachen Bevölkerungsschichten die Verdrängung aus dem sozialen Umfeld. Die zugunsten der Mieter verschärften bundesrechtlichen Mietpreisvorschriften (Stichwort: Mietpreisbremse) wirken zwar mietpreisdämpfend, entlasten nach Auffassung der verantwortlichen Landespolitiker die Mieter jedoch nicht hinreichend. Vor diesem Hintergrund hat der Senat von Berlin am 22. Oktober 2019 beschlossen, das „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ auf den gesetzgeberischen Weg zu bringen. Mit diesem sollen die Mieten für rd. 1,5 Mio. Wohnungen – zunächst begrenzt für die Dauer von fünf Jahren – gedeckelt werden.

Überblick über die Regelungen des Mietendeckels

Gemäß der Pressemitteilung des Berliner Senats vom 22. Oktober 2019 soll das neue Gesetz auf jeglichen Wohnraum - mit Ausnahme von Neubau ab 2014 und öffentlich geförderten Wohnraum – anwendbar sein und im Wesentlichen die folgenden Regelungen beinhalten:

Mietenstopp

Es wird ein Mietenstopp für fünf Jahre eingeführt. Die bestehenden Nettokaltmieten (einschl. etwaiger Zuschläge für Ausstattung und Mobiliar) werden für diesen Zeitraum auf den Stand der zum 18. Juni 2019 geschuldeten Mieten eingefroren. Dies gilt auch für Staffel- und Indexmieten. Erst ab 2022 darf die Miete jährlich um einen Inflationsausgleich von 1,3% steigen, sofern sie weiter unter der zulässigen Mietobergrenze liegt.

Die zulässigen Mietobergrenzen wurden auf der Grundlage der Mieten des Berliner Mietspiegels 2013, fortgeschrieben mit der Reallohnentwicklung bis 2019, bestimmt. Sie differenzieren nach Alter und bestimmten Ausstattungsmerkmalen einer Wohnung. Die Lage der Wohnung wird insoweit nicht berücksichtigt.

Die Mietobergrenzen bewegen sich zwischen EUR 3,92/m² pro Monat (Wohnraum mit erstmaliger Bezugsfertigkeit bis 1918 ohne Sammelheizung und ohne Bad) und EUR 9,80/m² Wohnfläche pro Monat (Wohnraum mit erstmaliger Bezugsfertigkeit von 2003 bis 2013 mit Sammelheizung und mit Bad). Bei moderner Ausstattung erhöht sich die jeweilige Mietobergrenze um EUR 1,00. Liegt der Wohnraum in Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen erhöht sich die jeweilige Mietobergrenze um einen Zuschlag von 10% Prozent.

Wiedervermietung

Bei der Wiedervermietung von Wohnungen darf höchstens die am 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis verlangt werden (Vormiete), begrenzt auf die Mietobergrenze.

Liegt die monatliche Miete einer modern ausgestatteten Wohnung besonders niedrig (unter EUR 5,02/m²), darf diese bei Wiedervermietung um maximal EUR 1,00 /m² auf maximal EUR 5,02/m² angehoben werden.

Anspruch auf Kappung der Miete

In bestehenden Mietverhältnissen sollen Mieter ihre Miete kappen können, wenn diese um mehr als 20% über der zulässigen Mietobergrenze liegt. Dabei werden Zu- und Abschläge für einfache Wohnlage (-28 ct/m²), mittlere Wohnlage (-9 ct/m²) und gute Wohnlage (+74 ct/m²) berücksichtigt. Die Regelungen werden erst 9 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes angewendet.

Modernisierungsmaßnahmen

Modernisierungsmaßnahmen dürfen nur in Höhe von EUR 1,00/m² umgelegt werden. Es besteht eine Anzeigepflicht. Für darüberhinausgehende Modernisierungskosten von maximal EUR 1,00/m² Wohnfläche sollen Förderprogramme durch den Senat zur Verfügung gestellt werden. Eine Umlage der zusätzlichen Kosten auf die Mieter ist nicht zulässig.

Härtefallregelung

Bei wirtschaftlichen Härtefällen der Vermieter sollen auf deren Antrag von der Investitionsbank Berlin Mieterhöhungen genehmigt werden, wenn das zur Vermeidung der Substanzgefährdung der Mietsache und von Verlusten der Vermieter zwingend erforderlich ist. Die genehmigten Mieterhöhungen oberhalb der Mietoberwerte sollen durch einen Mietzuschuss bei WBS-berechtigten Haushalten abgefedert werden. Der Mietzuschuss darf höchstens dem die Mietobergrenze überschreitenden Betrag entsprechen.

Bußgeld

Verstöße gegen die Anforderungen des Berliner Mietengesetzes werden als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu EUR 500.000 geahndet.

Umstrittene verfassungsrechtliche Beurteilung des Mietendeckels

Auf den ersten Blick scheint das neue Berliner Mietrecht durchaus geeignet, dem Preisauftrieb auf dem Wohnungsmarkt Einhalt zu gebieten. Dies setzt jedoch voraus, dass das Gesetz wirksam zustande kommt und nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für unwirksam erklärt wird.

Im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens wurde auch von renommierten Verfassungsrechtlern bezweifelt, dass der Mietendeckel verfassungsmäßig ist. Insbesondere wird angeführt, dass das soziale Mietrecht auf Bundesebene abschließend geregelt sei, weshalb auf Landesebene kein konkurrierendes öffentliches Mietpreisrecht erlassen werden könne. Aufgrund der fehlenden Landesgesetzgebungskompetenz könne daher auch das Land Berlin ein Mietendeckelgesetz nicht wirksam erlassen.

Darüber hinaus wird in der juristischen Fachliteratur mit erheblichen Gründen argumentiert, dass der Mietendeckel gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoße und einen unverhältnismäßigen, und daher nicht gerechtfertigten Eingriff in Grundrechte (insb. das Eigentumsrecht, Art. 14 GG) darstelle. Der Senat von Berlin ist naturgemäß anderer Auffassung.

Abschließend können diese Fragen nur durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Bis zu einer solchen Entscheidung kann ein längerer Zeitraum vergehen, währenddessen eine beträchtliche Rechtsunsicherheit besteht.

Weil derzeit nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der Mietendeckel überhaupt wirksam in Kraft treten, für welchen Zeitraum er gelten und ob das Bundesverfassungsgericht das Gesetz nicht ganz oder teilweise für unwirksam erklären wird, empfehlen sich Vorkehrung für den Fall, dass der Mietendeckel nicht oder nicht mehr gilt. So gibt es etwa einerseits die Empfehlung an Vermieter, alternative Regelungen im Hinblick auf die geschuldete Miete unter Geltung bzw. ohne die Geltung des Mietendeckels zu treffen. Andererseits wird etwa Mietern empfohlen, die Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten und nach dem Mietendeckel geschuldeten Miete zurückzulegen, um bei Bedarf die zu wenig gezahlte Miete zur Vermeidung einer Kündigung sofort nachzuzahlen.

Finanzierungsrisiken für die Vermieter

Des Weiteren können sich für Vermieter Finanzierungsrisiken daraus ergeben, dass Kreditinstitute bei vermieteten wie selbstgenutzten Wohnraum grundsätzlich den Ertragswert im Rahmen der Berechnung des Beleihungswertes zu berücksichtigen haben. Der Ertragswert einer Immobilie richtet sich wiederum nach der Höhe der zulässigerweise erzielbaren Mieten. In den Fällen, in denen sich der Beleihungswert infolge des Mietendeckels verringert, können deshalb die finanzierenden Kreditinstitute gezwungen sein, zusätzliche Sicherheiten von Darlehensnehmern zu fordern. Können Darlehensnehmer solche zusätzlichen Sicherheiten nicht erbringen, droht ein Verstoß gegen vertragliche Auszahlungsbedingungen mit der Folge, dass dem Kreditinstitut das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Darlehens zustehen kann.

Auswirkungen auf die Auftragslage von Handwerksbetrieben

In Berlin ist bereits ein deutlicher Rückgang von Aufträgen für Sanierungs- und Modernisierungsaufträgen zu verspüren, weil eine Vielzahl von Vermietern zunächst die weitere Entwicklung abwarten möchte. Die Handwerkskammer Berlin erwartet einen durchschnittlichen Umsatzrückgang von 30%. Insoweit kann der Mietendeckel zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen für Handwerksbetriebe führen.

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