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Der Bundestag hat am 26. September 2024 das Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (nachstehend abgekürzt „BEG IV“) verabschiedet. Das BEG IV enthält eine praxisrelevante Neuregelung für die Geschäftsraummiete, also die An- und Vermietung von Räumen, die nach dem Vertragszweck zur Ausübung von gewerblichen bzw. selbstständig beruflichen Tätigkeiten dienen. Hiernach können künftig Gewerberaummietverträge mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr in Textform - statt der bisher geltenden Schriftform - unter Bindung der Parteien an die vereinbarte Vertragsdauer geschlossen und geändert werden. Demgegenüber bleibt es für die befristete Wohnraummiete von mehr als einem Jahr bei dem gesetzlichen Schriftformgebot, dessen Verletzung zu einer vorzeitigen Kündbarkeit des Mietverhältnisses führt.     

Über die Neuregelung soll nachfolgend ein kurzer Überblick gegeben werden.

I. Bisherige Rechtslage

Ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form abgeschlossen wird, gilt gemäß § 550 Satz 1 BGB „für unbestimmte Zeit“. Zur Einhaltung der schriftlichen Form im Sinne des § 550 BGB mussten Gewerberaummietverträge bislang mit den einen künftigen Erwerber des Mietraums bindenden rechtsgeschäftlichen Abreden (nach dem BGH genügt hierbei die bloße Bestimmbarkeit der Mietvertragsparteien, der vermieteten Räumlichkeiten und des Mietbeginns im Zeitpunkt des Vertragsschlusses) der strengen gesetzlichen Schriftform gemäß § 126 BGB genügen. Das Schriftformerfordernis beschränkt sich allerdings nicht auf die eigenhändige Unterschrift der Mietvertragsparteien, sondern wird durch die spezifischen Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur „Einheitlichkeit der Urkunde“ erweitert, so dass alle wesentlichen Regelungen des Mietvertrages in einer Urkunde enthalten sein müssen. Das bestehende Erfordernis einer im Original von den Mietvertragsparteien unterschriebenen Urkunde gilt nicht nur für die Mietvertragsurkunde selbst, sondern auch für sämtliche späteren Änderungs- und Nachtragsvereinbarungen. Die Rechtsprechung hat dieses Kriterium zwar aufgelockert, wonach es keiner festen körperlichen Verbindung mit dem Ursprungsmietvertrag bedarf. Stattdessen muss sich die Einheitlichkeit des Mietvertrages zum Beispiel aus einer fortlaufenden Paginierung oder fortlaufenden Paragrafen ergeben. Bei Nachträgen ergibt  sie sich aus einer ausreichenden Bezugnahme auf den Ursprungsvertrag und einem Verweis auf die Regelungen des Ursprungsvertrages.

Wurde diese Form bei Vertragsschluss oder auch nur bei späteren Änderungen nicht vollständig beachtet, galt der gesamte Mietvertrag nach § 550 Satz 1 BGB auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er konnte dann unabhängig von der vereinbarten Laufzeit von beiden Parteien innerhalb der gesetzlichen Fristen (vorzeitig) gekündigt werden (§ 542 Abs. 1, § 580a BGB). Die Kündigung war jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Geschäftsraums zulässig (§ 550 Satz 2 BGB).

Zweck dieser einschneidenden Rechtsfolge ist der Schutz von Erwerbern des Mietgegenstandes, welche nach § 566 Abs. 1 BGB (für Gewerbemieträume in Verbindung mit § 578 Abs. 2 BGB) automatisch in ein bestehendes Mietverhältnis als Vermieter eintreten („Kauf bricht nicht Miete“). Der neue Vermieter soll seine Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis klar erkennen können. In mietvertragliche Abreden, die nicht schriftlich festgehalten und damit nicht ohne Weiteres erkennbar sind, tritt ein Erwerber zwar ebenfalls gemäß § 566 BGB ein. In diesem Fall soll er aber vor ungewollten langfristigen Vereinbarungen dadurch geschützt sein, dass er das Mietverhältnis wegen Formverstoßes vorzeitig kündigen kann. Nach der Rechtsprechung des BGH gilt diese Möglichkeit aber auch für die Ursprungsparteien des Mietvertrags. Dies führte in der Praxis oftmals dazu, dass sich auch Vermieter oder Mieter im Falle eines Schriftformverstoßes durch Kündigung vorzeitig von einem Zeitmietvertrag lösen konnten. Diese Fälle sollen laut Gesetzgeber aufgrund der Neuregelung nun durch Herabstufung des Formerfordernisses auf Textform reduziert werden.

II. Zukünftige Rechtslage nach dem BEG IV

Aufgrund einer Änderung von § 578 Abs. 1 BGB (Ergänzung eines Satzes 2) ist § 550 BGB künftig für Geschäftsraummietverträge nur noch mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform (statt bisher in Schriftform) geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt. Nach der Begründung des Gesetzgebers werde dem Informations- und Dokumentationsbedürfnis auch unter Berücksichtigung des durch § 550 BGB bezweckten Erwerberschutzes durch ein Textformerfordernis genügt. 

Zur Einhaltung der in § 126b BGB geregelten Textform genügt die Abgabe einer lesbaren Erklärung, welche die Person des Erklärenden erkennen lässt, auf einem dauerhaften Datenträger. Die Textform umfasst sowohl Papierdokumente wie elektronische Dokumente; anders als bei der gesetzlichen Schriftform bzw der elektronischen Form ist jedoch die Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur entbehrlich. Erforderlich ist jedoch eine lesbare Erklärung (Abgabe in Schriftzeichen). Damit stehen alle nichtmündlichen Möglichkeiten zur Abgabe und Übermittlung der Erklärung offen. Die Textform umfasst damit zum einen Papierdokumente ohne Unterschrift, sei es ein durch Datenverarbeitung unterschriftslos erstelltes Schriftstück, sei es ein Schriftstück mit bloßem Unterschriftsfaksimile, etwa ein Computerfax, sei es auch im Original zwar unterschriebene, aber ohne Unterschrift (sondern z.B. nur in Kopie oder als Telefax) zugegangene Schriftstücke. Zum anderen umfasst die Textform elektronische Dokumente ohne qualifizierte elektronische Signatur, also insbesondere E-Mails oder eine abgerufene Internetseite, auch die Übersendung einer CD.

Welche konkreten Anforderungen für den Abschluss von Verträgen bzw. deren einvernehmliche Änderung in Textform gelten, ist indes nach wie vor nicht geregelt. So ist etwa unklar, ob der gesamte Vertragsinhalt mit dem Angebot und der Annahme jeweils auf einem Datenträger (z.B. E-Mail) enthalten sein muss oder ob eine Bezugnahme ausreicht. Sollte eine Bezugnahme ausreichen, ist überdies nicht klar, wie diese formwahrend zu erfolgen hat. Die Anregung des Bundesrates zur diesbezüglichen Ergänzung des § 126b BGB wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum BEG IV nicht aufgenommen. 

Die Neuregelung in § 578 Abs. 1 BGB (in der Fassung des BEG IV) wird voraussichtlich jedoch keine Erleichterungen hinsichtlich der strengen Anforderungen der Rechtsprechung des BGH an die Einheitlichkeit der Urkunde nach sich ziehen, so dass diese auch weiterhin von der Vertragspraxis genauestens zu beachten sind.  

III. Übergangsvorschrift für Bestandsmietverhältnisse

Auf die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung (siehe nachstehende Ziff. IV.) bereits bestehenden Mietverhältnisse ist gemäß Art. 229 EGBGB (der dortige § wird bei Verkündung des BEG IV noch bezeichnet) für eine Übergangsfrist von zwölf Monaten noch die frühere Rechtslage anzuwenden, das heißt für diesen Zeitraum gilt weiterhin § 550 BGB (Schriftformerfordernis). Kündigungen, die darauf beruhen, dass ein nach dem Willen der Vertragsparteien befristeter Vertrag nach § 550 BGB als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt, sind während dieser Frist gegebenenfalls noch möglich.

Nach Ablauf der Übergangsfrist gelten auch bereits bestehende Mietverhältnisse, die für längere Zeit als ein Jahr und nicht in schriftlicher Form jedoch in Textform gemäß § 126b BGB geschlossen wurden, nicht weiter als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Entsprechend entfällt dann auch die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit. Wurde auch die Textform nicht eingehalten, verbleibt es bei der bisherigen Rechtsfolge.

Sofern bereits bestehende Mietverhältnisse nach Inkrafttreten der Neuregelung in § 578 Abs. 1 BGB geändert werden, ist es den Vertragsparteien nach Ansicht des Gesetzgebers zuzumuten, sich mit den geänderten Vorschriften zu befassen, sodass eine Übergangsvorschrift für derartige Konstellationen nicht erforderlich sei. Vielmehr ist ab Vereinbarung einer Änderung des Gewerbemietvertrages die neue Rechtslage auf den Vertrag vollumfänglich anwendbar, das heißt, es ist nicht relevant, ob der ursprüngliche Mietvertrag sowie die Änderung in Schriftform vereinbart worden sind oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob die Textform eingehalten wurde. Zweifelhaft könnte während des 12-monatigen Übergangszeitraums jedoch mitunter sein, ob eine relevante „Änderung“ des Mietverhältnisses tatsächlich vorliegt, so dass rechtliche Unschärfen verbleiben (z.B. bei Indexmiet- und Betriebskostenanpassungen).

IV. Inkrafttreten der Neuregelung

Nachdem der Bundesrat dem BEG IV am 18.10.2024 zugestimmt hat, wird die Neuregelung am ersten Tag des auf die Verkündung des Gesetzes im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft treten (d.h. voraussichtlich am 01.01.2025).

 

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