Der Berliner Mietendeckel: Eine Pille für den Wohnungsmarkt mit Risiken und Nebenwirkungen
Die Mieten auf dem Berliner Wohnungsmarkt sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Als eine Folge davon droht vor allem einkommensschwachen Bevölkerungsschichten die Verdrängung aus dem sozialen Umfeld. Die zugunsten der Mieter verschärften bundesrechtlichen Mietpreisvorschriften (Stichwort: Mietpreisbremse) wirken zwar mietpreisdämpfend, entlasten nach Auffassung der verantwortlichen Landespolitiker die Mieter jedoch nicht hinreichend. Vor diesem Hintergrund hat der Senat von Berlin am 22. Oktober 2019 beschlossen, das „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ auf den gesetzgeberischen Weg zu bringen. Mit diesem sollen die Mieten für rd. 1,5 Mio. Wohnungen – zunächst begrenzt für die Dauer von fünf Jahren – gedeckelt werden.
Überblick über die Regelungen des Mietendeckels
Gemäß der Pressemitteilung des Berliner Senats vom 22. Oktober 2019 soll das neue Gesetz auf jeglichen Wohnraum - mit Ausnahme von Neubau ab 2014 und öffentlich geförderten Wohnraum – anwendbar sein und im Wesentlichen die folgenden Regelungen beinhalten:
Mietenstopp
Es wird ein Mietenstopp für fünf Jahre eingeführt. Die bestehenden Nettokaltmieten (einschl. etwaiger Zuschläge für Ausstattung und Mobiliar) werden für diesen Zeitraum auf den Stand der zum 18. Juni 2019 geschuldeten Mieten eingefroren. Dies gilt auch für Staffel- und Indexmieten. Erst ab 2022 darf die Miete jährlich um einen Inflationsausgleich von 1,3% steigen, sofern sie weiter unter der zulässigen Mietobergrenze liegt.
Die zulässigen Mietobergrenzen wurden auf der Grundlage der Mieten des Berliner Mietspiegels 2013, fortgeschrieben mit der Reallohnentwicklung bis 2019, bestimmt. Sie differenzieren nach Alter und bestimmten Ausstattungsmerkmalen einer Wohnung. Die Lage der Wohnung wird insoweit nicht berücksichtigt.
Die Mietobergrenzen bewegen sich zwischen EUR 3,92/m² pro Monat (Wohnraum mit erstmaliger Bezugsfertigkeit bis 1918 ohne Sammelheizung und ohne Bad) und EUR 9,80/m² Wohnfläche pro Monat (Wohnraum mit erstmaliger Bezugsfertigkeit von 2003 bis 2013 mit Sammelheizung und mit Bad). Bei moderner Ausstattung erhöht sich die jeweilige Mietobergrenze um EUR 1,00. Liegt der Wohnraum in Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen erhöht sich die jeweilige Mietobergrenze um einen Zuschlag von 10% Prozent.
Wiedervermietung
Bei der Wiedervermietung von Wohnungen darf höchstens die am 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis verlangt werden (Vormiete), begrenzt auf die Mietobergrenze.
Liegt die monatliche Miete einer modern ausgestatteten Wohnung besonders niedrig (unter EUR 5,02/m²), darf diese bei Wiedervermietung um maximal EUR 1,00 /m² auf maximal EUR 5,02/m² angehoben werden.
Anspruch auf Kappung der Miete
In bestehenden Mietverhältnissen sollen Mieter ihre Miete kappen können, wenn diese um mehr als 20% über der zulässigen Mietobergrenze liegt. Dabei werden Zu- und Abschläge für einfache Wohnlage (-28 ct/m²), mittlere Wohnlage (-9 ct/m²) und gute Wohnlage (+74 ct/m²) berücksichtigt. Die Regelungen werden erst 9 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes angewendet.
Modernisierungsmaßnahmen
Modernisierungsmaßnahmen dürfen nur in Höhe von EUR 1,00/m² umgelegt werden. Es besteht eine Anzeigepflicht. Für darüberhinausgehende Modernisierungskosten von maximal EUR 1,00/m² Wohnfläche sollen Förderprogramme durch den Senat zur Verfügung gestellt werden. Eine Umlage der zusätzlichen Kosten auf die Mieter ist nicht zulässig.
Härtefallregelung
Bei wirtschaftlichen Härtefällen der Vermieter sollen auf deren Antrag von der Investitionsbank Berlin Mieterhöhungen genehmigt werden, wenn das zur Vermeidung der Substanzgefährdung der Mietsache und von Verlusten der Vermieter zwingend erforderlich ist. Die genehmigten Mieterhöhungen oberhalb der Mietoberwerte sollen durch einen Mietzuschuss bei WBS-berechtigten Haushalten abgefedert werden. Der Mietzuschuss darf höchstens dem die Mietobergrenze überschreitenden Betrag entsprechen.
Bußgeld
Verstöße gegen die Anforderungen des Berliner Mietengesetzes werden als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu EUR 500.000 geahndet.
Umstrittene verfassungsrechtliche Beurteilung des Mietendeckels
Auf den ersten Blick scheint das neue Berliner Mietrecht durchaus geeignet, dem Preisauftrieb auf dem Wohnungsmarkt Einhalt zu gebieten. Dies setzt jedoch voraus, dass das Gesetz wirksam zustande kommt und nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für unwirksam erklärt wird.
Im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens wurde auch von renommierten Verfassungsrechtlern bezweifelt, dass der Mietendeckel verfassungsmäßig ist. Insbesondere wird angeführt, dass das soziale Mietrecht auf Bundesebene abschließend geregelt sei, weshalb auf Landesebene kein konkurrierendes öffentliches Mietpreisrecht erlassen werden könne. Aufgrund der fehlenden Landesgesetzgebungskompetenz könne daher auch das Land Berlin ein Mietendeckelgesetz nicht wirksam erlassen.
Darüber hinaus wird in der juristischen Fachliteratur mit erheblichen Gründen argumentiert, dass der Mietendeckel gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoße und einen unverhältnismäßigen, und daher nicht gerechtfertigten Eingriff in Grundrechte (insb. das Eigentumsrecht, Art. 14 GG) darstelle. Der Senat von Berlin ist naturgemäß anderer Auffassung.
Abschließend können diese Fragen nur durch das Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Bis zu einer solchen Entscheidung kann ein längerer Zeitraum vergehen, währenddessen eine beträchtliche Rechtsunsicherheit besteht.
Weil derzeit nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der Mietendeckel überhaupt wirksam in Kraft treten, für welchen Zeitraum er gelten und ob das Bundesverfassungsgericht das Gesetz nicht ganz oder teilweise für unwirksam erklären wird, empfehlen sich Vorkehrung für den Fall, dass der Mietendeckel nicht oder nicht mehr gilt. So gibt es etwa einerseits die Empfehlung an Vermieter, alternative Regelungen im Hinblick auf die geschuldete Miete unter Geltung bzw. ohne die Geltung des Mietendeckels zu treffen. Andererseits wird etwa Mietern empfohlen, die Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten und nach dem Mietendeckel geschuldeten Miete zurückzulegen, um bei Bedarf die zu wenig gezahlte Miete zur Vermeidung einer Kündigung sofort nachzuzahlen.
Finanzierungsrisiken für die Vermieter
Des Weiteren können sich für Vermieter Finanzierungsrisiken daraus ergeben, dass Kreditinstitute bei vermieteten wie selbstgenutzten Wohnraum grundsätzlich den Ertragswert im Rahmen der Berechnung des Beleihungswertes zu berücksichtigen haben. Der Ertragswert einer Immobilie richtet sich wiederum nach der Höhe der zulässigerweise erzielbaren Mieten. In den Fällen, in denen sich der Beleihungswert infolge des Mietendeckels verringert, können deshalb die finanzierenden Kreditinstitute gezwungen sein, zusätzliche Sicherheiten von Darlehensnehmern zu fordern. Können Darlehensnehmer solche zusätzlichen Sicherheiten nicht erbringen, droht ein Verstoß gegen vertragliche Auszahlungsbedingungen mit der Folge, dass dem Kreditinstitut das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Darlehens zustehen kann.
Auswirkungen auf die Auftragslage von Handwerksbetrieben
In Berlin ist bereits ein deutlicher Rückgang von Aufträgen für Sanierungs- und Modernisierungsaufträgen zu verspüren, weil eine Vielzahl von Vermietern zunächst die weitere Entwicklung abwarten möchte. Die Handwerkskammer Berlin erwartet einen durchschnittlichen Umsatzrückgang von 30%. Insoweit kann der Mietendeckel zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen für Handwerksbetriebe führen.
DSC Legal berät die tschechische EPH-Gruppe bei der Akquisition des deutschen Eisenbahnunternehmens LOCON LOGISTIK & CONSULTING AG
Die EPH-Gruppe des tschechischen Unternehmers Daniel Kretinsky hat über ihr Tochterunternehmen EP Logistics International a.s. sämtliche Anteile an der LOCON LOGISTIK & CONSULTING AG („LOCON“) erworben.
LOCON ist ein lizensiertes Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in Berlin und hat ca. 150 Mitarbeiter. Das Unternehmen operiert deutschlandweit und verfügt über rund 30 Lokomotiven.
EP Logistics International a.s. wurde bei der gesamten Transaktion durch DSC Legal anwaltlich beraten.
Smart and to the point.
DSC Legal ist spezialisiert auf die anwaltliche Beratung und notarielle Begleitung von Immobilientransaktionen.
Durch die rechtliche Begleitung von diversen Unternehmensakquisitionen und Verschmelzungen (anwaltlich und notariell) konnten wir in den vergangenen Jahren unsere M&A-Beratungspraxis stetig verstärken.
Wir beraten unsere nationale und internationale Mandantschaft umfassend im Immobilienwirtschaftsrecht, Gesellschaftsrecht, Bau- und Architektenrecht, Bank- und Finanzierungsrecht, Recht betreffend Startups und Venture Capital sowie IP- / IT-Recht in inländischen und grenzüberschreitenden Sachverhalten.

Höchst- und Mindestsätze der HOAI sind europarechtswidrig
Am 04.07.2019 hat der EuGH in dem von der Europäischen Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland (C-377/17) festgestellt, dass Deutschland dadurch gegen Art. 15 der sog. Dienstleistungsrichtlinie (1) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.
(1) Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt
Die wesentlichen Entscheidungsgründe:
Zunächst stellt der EuGH fest, dass die Dienstleistungsrichtlinie auch auf reine Inlandssachverhalte ohne Auslandsbezug anwendbar ist.
Die Mindest- und Höchstsätze für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren wären mit den Zielen der Dienstleistungsrichtlinie nur dann vereinbar, wenn sie keine Diskriminierung darstellen und zur Verwirklichung eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses erforderlich und verhältnismäßig wären (vgl. Art. 15 Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie).
Eine direkte oder indirekte Diskriminierungswirkung der Höchst- und Mindestsätze der HOAI hat der EuGH verneint. Der EuGH ist auch der Ansicht, dass die Mindestsätze der HOAI aufgrund der Spezifika des deutschen Markts den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen: der Qualität der Planungsleistungen, des Verbraucherschutzes, der Bausicherheit, des Erhalts der Baukultur und des ökologischen Bauens. Allerdings sei die betreffende nationale Regelung - so der EuGH - nur dann geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen, wenn sie dieses Ziel systematisch und kohärent, d.h. zusammenhängend verfolgt. Der EuGH moniert, dass das Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, eine Inkohärenz der Mindestsatzregelung aufweist, weil in Deutschland Planungsleistungen von Dienstleistern erbracht werden können, die ihre entsprechende fachliche Eignung nicht nachgewiesen haben. Damit wird beanstandet, dass für die Vornahme der Leistungen, die diesen Mindestsätzen unterliegen, keine Mindestgarantien gelten, die die Qualität dieser Leistungen gewährleisten können.
Die Höchstsätze der HOAI können nach Ansicht der EuGH grundsätzlich zum Verbraucherschutz beitragen, indem Sie Preistransparenz erhöhen und übermäßige Preissteigerungen verhindern. Im Ergebnis seien die Höchstsätze jedoch unverhältnismäßig. Nach Auffassung des EuGH würde es ausreichen, Kunden Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI genannten Kategorien von Leistungen zur Verfügung zu stellen.
Folgen für die Praxis:
Zu beachten ist zunächst, dass die HOAI ein reines Preisrecht ist. Welche Architekten/Ingenieurleistungen zu erbringen sind, bestimmt sich allein nach der Vereinbarung der Parteien. Zur Bestimmung der geschuldeten Architekten-/Ingenieurleistungen kann beim Vertragsschluss auf die HOAI zurückgegriffen werden. Daran hat sich nichts geändert. Die HOAI ist – mit Ausnahme der Regelung der Höchst- und Mindestsätze in § 7 Abs. 1 HOAI – weiterhin anwendbar. Die Vorschrift in § 7 Abs. 1 HOAI dürfte ihre Gültigkeit behalten, allerdings in der von dem gemeinschaftsrechtswidrigen Kern bereinigten Fassung:
„Das Honorar richtet sich nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung treffen.“
In Folge der Entscheidung des EuGH dürften aber Mindestsatzklagen, mit denen ein Architekt/Ingenieur Zahlung der Aufstockung eines formwirksam im Vertrag vereinbarten Honorarbetrages auf die Mindestsatzhöhe begehrt, nun als unbegründet abzuweisen sein. Die ersten aktuellen Urteile lassen die künftige Tendenz in der Rechtsprechung erkennen (vgl. z.B. OLG Celle, Urteil vom 17.07.2019 - 14 U 188/18 - nicht rechtskräftig).
Ausblick:
Die Entscheidung des EuGH ist rechtskräftig. Wie der Gesetzgeber auf das Urteil des EuGH reagieren wird, ist noch offen. Es ist denkbar, wenn auch nicht als einzige Gestaltungsmöglichkeit, dass die Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen stärker reglementiert wird, um die Mindestsatzregelung aufrecht zu erhalten. Dies setzt aber Gemeinschaftsrechtkonformität im Übrigen voraus. Die Höchstsätze der HOAI werden nach der HOAI Novelle sicherlich keinen Bestand mehr haben.

ImmoDrinks 2.0 Event - Veranstaltet in den Geschäftsräumen von DSC Legal am 23.05.2019
Am 23.05.2019 fand die zweite Veranstaltung der Veranstaltungsreihe „Immodrinks “ statt. Bei guten Drinks in entspannter Atmosphäre, beleuchteten wir aktuelle Themen rund um die Immobilie und nahmen dabei die Gelegenheit zum Gedankenaustausch und Networking war.
Die Veranstaltung widmete sich den aktuellen Trends bei Unternehmensimmobilien (Corporate Real Estate – CRE), die sich als Assetklasse etabliert haben. Sie bieten Unternehmen ohne ein immobilienwirtschaftliches Kerngeschäft die Möglichkeit, ihr unternehmerisches Potential noch besser zur Entfaltung zu bringen und dabei gelassener auf Konjunkturschwankungen zu reagieren.
Es freute uns deshalb besonders, dass Andrew Coombs (CEO der Sirius Facilities GmbH und Board-Mitglied der Initiative Unternehmensimmobilien)
zum Thema THE CORPORATE REAL ESTATE TREND IN THE GERMAN REAL ESTATE MARKET 2019 die Keynote gehalten hat.
Die Veranstaltung fand in den Kanzleiräumen der DSC Legal Rechtsanwaltsgesellschaft am Pariser Platz 3, 10117 Berlin, statt.
Wir freuten uns sehr, zahlreiche Gäste bei der Veranstaltung, die von der DZ Hyp AG, DSC Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und geomap GmbH ausgerichtet wurde, begrüßen zu können.

DSC Legal berät den BVMW zu „Job plus Wohnung“ – Mitarbeiterwohnungsbau
Seit dem vergangenen Jahr unterstützt DSC Legal den Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e.V. („BVMW“) aktiv bei der Umsetzung seiner neuen Mittelstandsinitiative „Job plus Wohnung“. Die Initiative geht auf ein Positionspapier des BVMW zurück, in welchem der Verband (er vertritt im Rahmen seiner Mittelstandsallianz die Interessen von über 900.000 Mitgliedern) die Politik zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Bau von Mitarbeiterwohnungen aufforderte. Verfasser der Konzeption und des Positionspapiers ist Rechtsanwalt und Notar Dr. Peter Diedrich (Managing Partner von DSC Legal), der als Sprecher der Rechtskommission und stellvertretender Vorsitzender des Schiedsgerichts des BVMW ehrenamtlich für den Verband tätig ist.
Anlass der BVMW-Mittelstandsinitiative ist der akute Wohnungs- und Fachkräftemangel, der vor allem in den Ballungsräumen zu beobachten ist. In Berlin, Frankfurt, München, Hamburg und anderen deutschen Großstädten, wo Wohnraum immer knapper und teurer wird, bleiben mittlerweile auch gut bezahlte und qualifizierte Fachkräfte bei Wohnungsbewerbungen häufig chancenlos. Gleichzeitig sehen sich Unternehmen mitunter bereits dazu gezwungen, lukrative Aufträge abzulehnen, weil es ihnen nicht gelingt, die zur Auftragsrealisierung notwendigen Facharbeitskräfte zu rekrutieren. Angesichts der zunehmenden Attraktivität urbanen Lebens, droht der Wohnungsmangel in Zukunft weiter zuzunehmen. Bevölkerungsforscher prognostizieren, dass im Jahr 2050 mehr als 80 Prozent der Menschen in Städten leben werden.
Die politischen Entscheidungsträger haben das Problem zwar erkannt und benannt, doch die ergriffenen Maßnahmen waren bislang nur wenig erfolgreich. Zur Realisierung ihres Vorhabens zum Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in der laufenden Legislaturperiode bis 2021 („Wohnraumoffensive“) und zur Sicherung von bezahlbarem Wohnraum hat die Bundesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden und den im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ engagierten Verbänden auf dem „Wohngipfel 2018“ die gemeinsame Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenbündels vereinbart. Im Ergebnispapier dieses am 21.09.2018 abgehaltenen Spitzentreffens wurde die Errichtung betriebseigener Wohnungen ausdrücklich als ein „wertvoller Beitrag für die Entlastung angespannter Wohnungsmärkte“ hervorgehoben. Mitarbeiterwohnungen komme ein „großer Vorteil bei der Mitarbeitergewinnung“ zu und diese „können entscheidend bei der Wahl des Arbeitgebers sein“. Zur Koordination des Umsetzungsprozesses auf Bundesebene wurde ein interministerieller Staatssekretärsausschuss unter Leitung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat eingesetzt.
Die neue Mittelstandsinitiative des BVMW knüpft an den traditionellen Werkwohnungsbau an, der aus der Mode geraten war, nachdem sich viele der traditionsreichen Industriekonzerne von ihren Werkswohnungsbeständen getrennt hatten. Mit dem Angebot „Job plus Wohnung“ wird es Unternehmen wesentlich erleichtert, benötigte Fachkräfte zu gewinnen und nachhaltig zu binden. Das macht den Mitarbeiterwohnungsbau auch heute wieder attraktiv.
Für viele Mittelständler wäre die Errichtung von Mitarbeiterwohnungen zwar auch im Alleingang möglich. Wenn sich mehrere Unternehmen regional zusammenschließen und – getreu dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ – eine Genossenschaft gründen, wird der Bau von neuen Mitarbeiterwohnungen jedoch erheblich realistischer.
Mindestens drei Unternehmen gründen dabei eine Genossenschaft zu dem Zweck, potentielle Mitarbeiter für sich zu gewinnen und bestehende Mitarbeiter durch die Bereitstellung preisgünstigen Wohnraums an sich zu binden. Mitgliedsunternehmen entsenden aus ihrer Mitte vertretungsbefugte Personen in den Vorstand und den Aufsichtsrat der Genossenschaft. Eine unabhängige Servicegesellschaft unterstützt die Genossenschaft bei der Umsetzung des Gesellschaftszwecks auf Grundlage eines Managementvertrages.
Jedes Mitglied erhält im Rahmen des Beitritts zur Genossenschaft die gewünschte Anzahl an Belegungsrechten an vorab zu bestimmenden Wohnungen. Das Belegungsrecht gibt das Recht zu bestimmen, welche Personen (Mitarbeiter) zur Nutzung der jeweiligen Wohnung auf Basis eines Mietvertrages mit der Genossenschaft berechtigt sein sollen. Die Genossenschaft erwirbt daraufhin Grundstücke (in Eigentum oder als Erbbaurecht) zur Wohnbebauung. Ein gegenwärtig realisiertes Pilotprojekt in Berlin kalkuliert mit Kosten für Erwerb und Bebauung von insgesamt EUR 2.215 je m² Wohnfläche.
Die Genossenschaft schließt mit den Mitarbeitern, die aufgrund der Belegungsrechte von den Mitgliedsunternehmen benannt worden sind, Mietverträge über Werkmietwohnungen. Das Pilotprojekt in Berlin sieht eine Nettomiete von EUR 6,50 je m² Wohnfläche vor, was den Vorgaben des Ersten Förderwegs in Berlin entspricht.
Die Finanzierung erfolgt neben den von den Mitgliedsunternehmen zu erbringenden Pflichteinzahlungen auf die Geschäftsanteile insbesondere durch Kredite von Genossenschaftsmitgliedern und Kreditinstituten sowie Darlehen und Zuschüsse von öffentlichen Förderbanken (z.B. Investitionsbank Berlin – IBB).
Bezahlbarer Wohnraum in Ballungsgebieten ist nur dort möglich, wo kostengünstig gebaut wird und Grundstücke nicht zum Verkehrswert erworben werden müssen, sondern durch die Mittelständler oder die jeweilige Kommune unterhalb des Verkehrswertes oder als Erbbaurecht eingebracht werden.
Um die künftigen Bauvorhaben der BVMW-Mittelstandsinitiative so schnell und preisgünstig wie möglich zu realisieren, soll die serielle und modulare Bauweise angewendet werden. Der moderne Modularbau erfolgt nachhaltig und entspricht hinsichtlich der Energieeffizienz den Vorgaben der KfW. Die Bauzeit für Mehrgeschosswohnungsbau in serieller Bauweise liegt gegenwärtig bei wenigen Monaten, die Kosten weit unter den üblichen Baupreisen. Inwieweit die Bundesländer die Genehmigungsverfahren bzw. -voraussetzungen für serielles und modulares Bauen durch eine Harmonisierung der bauordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen („Typenbaugehmigung“) entlasten und beschleunigen werden, bleibt abzuwarten.
Das Baugrundstück kann sich dabei auch in einem - stark verdichteten - städtischen Gebiet oder Gewerbegebiet befinden, um den Mitarbeitern kurze Wege zwischen Arbeitsort und Wohnung zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat die dazu erforderlichen baurechtlichen Rahmenbedingungen bereits im Jahr 2017 durch Einführung der neuen Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“ (§ 6a BauNVO) geschaffen.
Der Mitarbeiterwohnungsbau im privaten Sektor benötigt jedoch eine spezifische steuerliche Förderung, um zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum effizient und nachhaltig beitragen zu können. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus, welcher die Einführung einer auf 4 Jahre befristeten Sonderabschreibung von jährlich 5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (max. EUR 2.000 je m²) unter weiteren Voraussetzungen bzw. Beschränkungen (z.B. Anschaffungs- oder Herstellungskosten von max. EUR 3.000 je m²) vorsieht, greift dabei zu kurz. Weitere investive Anreize für den Bau betriebseigener Wohnungen wären zielführend (z.B. Wegfall/Reduzierung der Grunderwerbsteuer).
Das von DSC Legal gemeinsam mit dem DGRV - Deutscher Genossenschaft- und Raiffeisenverband e.V. entwickelte Konzept des Mitarbeiterwohnungsbaus im genossenschaftlichen Modell wurde vom zuständigen Baustaatssekretär im Bundesinnenministerium, Gunther Adler, als ein „vielversprechender Ansatz“ bezeichnet. Er unterstrich dabei, dass gerade der regionale Zusammenschluss von Unternehmen beim Mitarbeiterwohnungsbau zu „erheblichen Synergieeffekten und somit geringeren Kosten führen“ könne.
Mit großer Resonanz fand am 15.01.2019 in der Zentrale des BVMW die erste Informationsveranstaltung zum Thema „Mitarbeiterwohnen im genossenschaftlichen Modell“ statt. Weitere Veranstaltungen folgten seither.
Smart and to the point.
DSC Legal ist spezialisiert auf die anwaltliche Beratung und notarielle Begleitung von Immobilientransaktionen und Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien, Bau- und Architektenrecht, Bank- und Finanzierungsrecht, das Recht betreffend Start-ups und Venture Capital sowie IP- / IT-Recht.