Online-Gründung einer GmbH per Videokonferenz mit dem Notar ab dem 1. August 2022 möglich!
Der Deutsche Bundestag hat im Juni 2021 das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (nachstehend abgekürzt „DiRUG“) verabschiedet. Das DiRUG, welches vom Bundesrat gebilligt und im August 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, enthält unter anderem Vorschriften zur Ermöglichung der Online-Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und bestimmter Online-Handelsregisteranmeldungen, welche am 1. August 2022 in Kraft treten werden. Über diese Neuregelungen soll nachfolgend ein einführender Überblick gegeben werden.
I. Gegenwärtige Rechtslage
Für die Gründung einer GmbH ist nach aktueller Rechtslage das körperliche Erscheinen der Gründungsgesellschafter und des/der Geschäftsführer/s oder deren bevollmächtigten Vertreter vor dem Notar notwendig. Ein physisches Präsenzverfahren kommt derzeit auch für sämtliche Handelsregisteranmeldungen zur Anwendung.
Die wirksame Errichtung einer GmbH erfordert zunächst den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages (Satzung) in notarieller Form und mithin dessen notarielle Beurkundung. Nach dem gegenwärtigen Recht ist für eine wirksame Beurkundung das Gründungsprotokoll (die Satzung ist i.d.R. eine Anlage zu dieser Mantelurkunde) in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorzulesen, von diesen zu genehmigen und eigenhändig zu unterschreiben.
Zur Entstehung der GmbH als juristische Person ist ferner die Eintragung in das Handelsregister erforderlich, was eine entsprechende Anmeldung durch sämtliche Geschäftsführer voraussetzt. Diese erstmalige und alle nachfolgenden Handelsregisteranmeldungen der GmbH (z.B. bei Satzungsänderungen und Geschäftsführerwechseln) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit stets der öffentlichen Beglaubigung, wofür nach dem jetzigen Beurkundungsrecht die Vollziehung oder Anerkennung der Unterschrift/en in Gegenwart des Notars vorgeschrieben ist. Selbige Voraussetzung besteht derzeit auch für Handelsregisteranmeldungen der sonstigen im Handelsregister eingetragenen Einzelkaufleute (e.K.), Handelsgesellschaften (AG, KGaA, KG und oHG) und Zweigniederlassungen.
Als Alternative zu diesen traditionellen Präsenzverfahren ermöglicht das DiRUG im Rahmen und unter den Voraussetzungen von neu geschaffenen Online-Verfahren künftig erstmals die Durchführung von notariellen Beurkundungen und Beglaubigungen ohne eine körperliche Anwesenheit der Beteiligten vor dem Notar. Durch die zwingende Mitwirkung von Notaren an den neuen digitalen Verfahrensformen soll gewährleistet werden, dass diese als „Wächter der Privatautonomie“ auch in Zukunft ihre besondere Betreuungs-, Beratungs- und Gewährungsfunktion im Gefüge der vorsorgenden Rechtspflege erfüllen können.
II. Online-Gründung ab 1. August 2022 zulässig
Abweichend von der zuvor beschriebenen aktuellen Rechtslage werden mit dem Inkrafttreten des DiRUG ab dem 1. August 2022 bestimmte GmbH-Gründungen im Wege eines notariellen Online-Beurkundungsverfahrens vollständig digital zulässig und möglich sein, so dass eine körperliche Anwesenheit der Beteiligten vor dem beurkundenden Notar nicht mehr erforderlich sein wird.
1. Erfasste Gesellschaften (nur GmbHs)
Die Online-Beurkundung wird vorerst auf die Gründung einer GmbH (inkl. ihrer Sonderform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)) beschränkt bleiben. Eine Online-Gründung anderer Kapitalgesellschaften (AG, KGaA) ist dagegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.
2. Beschränkung auf GmbH-Gründungen
Das notarielle Online-Beurkundungsverfahren ist ausschließlich für die Gründung einer GmbH (d.h. notarielle Beurkundung der Satzung sowie im Rahmen der Gründung gefasste Gesellschafterbeschlüsse) eröffnet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass spätere beurkundungsbedürftige Maßnahmen innerhalb der GmbH (z.B. Satzungsänderung, Formwechsel, Verschmelzung und Auflösung) nach wie vor im herkömmlichen Präsenzverfahren beurkundet werden müssen. Selbiges gilt für die Verfügung über Geschäftsanteile an einer GmbH (z.B. Veräußerung und Verpfändung von Geschäftsanteilen).
3. Beschränkung auf Bargründungen
Die Zulässigkeit des Online-Beurkundungsverfahrens ist zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass dieses nur sog. Bargründungen erfasst, bei denen also die Nennbeträge der Geschäftsanteile aller Gründungsgesellschafter ausschließlich in Geld (d.h. ohne Sacheinlagen) zu erbringen sind. Sachgründungen sind dagegen vom Anwendungsbereich des notariellen Online-Gründungsverfahrens ausgeschlossen.
4. Online-Musterprotokollgründung
Für die Online-Gründung einer GmbH kann außerdem auf zwei zusätzliche vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Musterprotokolle (Musterprotokolle für die Gründung einer Einpersonen- oder Mehrpersonengesellschaft) zurückgegriffen werden. Im Unterschied zu den bereits existierenden Musterprotokollen für das (kostenprivilegierte) vereinfachte Gründungsverfahren besteht für die (nicht kostenprivilegierte) Online-Musterprotokollgründung keine Begrenzung auf drei Gründungsgesellschafter und einen Geschäftsführer. Ferner existiert eine abstrakte Vertretungsregelung, wonach bei Bestellung eines Geschäftsführers dieser alleine vertritt und bei Bestellung von mehreren Geschäftsführern die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten wird.
5. Online-Handelsregisteranmeldung
Die für die wirksame Gründung einer GmbH zwingend erforderliche Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann künftig auf Grundlage einer Handelsregisteranmeldung sämtlicher Geschäftführer unter Verwendung eines notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens mittels Videokommunikation vorgenommen werden (siehe hierzu Punkt III.).
6. Einzelheiten des Online-Beurkundungsverfahrens
a) Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer
Die Online-Beurkundung erfolgt im Wege einer Echtzeit-Videokonferenz zwischen Notar und Beteiligten. Die Bundesnotarkammer wird dafür ein sicheres, manipulationsresistentes und zuverlässiges Videokommunikationssystem einrichten und betreiben. Eine Online-Beurkundung über andere Videokommunikationssysteme ist beurkundungsrechtlich nicht zulässig.
b) Identifizierung der Beteiligten
Voraussetzung für die Nutzung des Videokommunikationssystems ist die sichere Identifizierung der Beteiligten über ein zweistufiges Verfahren.
In einem ersten Schritt erfolgt eine elektronische Identifizierung durch einen elektronischen Identitätsnachweis (eID), welcher durch einen deutschen Personalsauweis mit eID-Funktion (für deutsche Staatsangehörige), eine eID-Karte (für Staatsangehörige anderer EU/EWR-Mitgliedstaaten) sowie einen elektronischen Aufenthaltstitel mit eID-Funktion (für Angehörige von Drittstaaten) erbracht werden kann. Deutsche oder ausländische Reisepässe oder Ausweise von Drittstaaten (z.B. Schweiz, Vereinigtes Königreich oder USA) sind hiernach keine tauglichen Identifizierungsmittel im Sinne der ersten Identifizierungsstufe.
Alternativ können sich Beteiligte auch mittels eines von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellten elektronischen Identifizierungsmittels ausweisen, wenn dieses im Rahmen eines entsprechenden Notifizierungsverfahrens des jeweiligen Mitgliedstaates für die Zwecke der grenzüberschreitenden Authentifizierung nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (eIDAS-VO) zertifiziert und anerkannt worden ist und dem höchsten Sicherheitsniveau („hoch“) der eIDAS-VO entspricht.
In einem zweiten Schritt hat der Notar das Erscheinungsbild eines jeden Beteiligten mit dessen elektronisch übermitteltem Lichtbild abzugleichen, es sei denn, der jeweilige Beteiligte ist dem Notar persönlich bekannt. Zuvor wird das Lichtbild aus dem Chip eines NFC-fähigen Personalausweises oder Reisepasses ausgelesen. Der Auslesevorgang erfolgt technisch durch das Videokommunikationssystem (siehe lit. a), wobei die Beteiligten ein marktübliches Smartphone mit einer von der Bundesnotarkammer für das Verfahren kostenlos bereitgestellten App als Auslesegerät verwenden können. Das sogenannte Video-Ident-Verfahren, bei dem ein Ausweispapier zur Übermittlung eines dort aufgebrachten Lichtbildes per Webcam gefilmt wird, kommt zur Identifizierung dagegen nicht in Betracht.
c) Aufnahme einer elektronischen Niederschrift
Im Rahmen der Beurkundung über die mittels Videokommunikation durchgeführte Verhandlung erstellt der Notar anstelle einer Urkunde in Papierform wie im traditionellen Präsenzverfahren eine elektronische Niederschrift über die Verhandlung. Hierbei handelt es sich um ein rein elektronisches Dokument und nicht etwa um ein mit EDV-Unterstützung hergestelltes Papierdokument.
Im Online-Beurkundungsverfahren treffen den Notar dieselben Pflichten wie im Präsenzverfahren, insbesondere die Pflicht zur Verfahrensleitung einschließlich des Vorlesens der elektronischen Niederschrift, zur Identifizierung der Beteiligten und zur Feststellung der Geschäftsfähigkeit. Es gelten dabei auch die sonstigen Vorschriften über die Niederschrift, einschließlich der Vorschriften über Prüfungs- und Belehrungspflichten.
Die elektronische Niederschrift soll den Beteiligten auf Verlangen vor der Genehmigung auch elektronisch zur Durchsicht übermittelt werden.
d) Elektronische Unterzeichnung der Gründungsurkunde und der Gesellschafterliste
Da ein eigenhändiges Unterzeichnen im Rahmen des Online-Beurkundungsverfahrens nicht in Betracht kommt, ist die elektronische Niederschrift mit den qualifizierten elektronischen Signaturen des Notars und aller sonstigen Personen zu versehen, welche an der Beukundung mitwirken und deren Unterschriften nach dem Beurkundungsgesetz erforderlich sind. Die Erzeugung der qualifizierten elektronischen (Fern-)Signatur/en und das Versehen der elektronischen Urkunde mit dieser/diesen Signatur/en sollen dabei wiederum über das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer erfolgen (siehe lit. a). Der Notar wird die elektronische Niederschrift mittels seiner Signaturkarte selbst signieren.
Die anlässlich der GmbH-Gründung zwingend zum Handelsregister einzureichende Liste der Gesellschafter kann von dem/den Geschäftsführer/n künftig ebenfalls mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, so dass auch die (Fremd-)Geschäftsführer nicht körperlich vor dem Notar erscheinen müssen.
e) Möglichkeit einer „gemischten Beurkundung“
Zulässig wird außerdem die sog. gemischte Beurkundung sein, wobei ein Teil der Beteiligten an der Beurkundung digital per Videokonferenz teilnimmt, während die weiteren Beteiligten beim Notar körperlich anwesend sind. In diesem Fall ist zusätzlich zu der elektronischen Niederschrift mit den körperlich anwesenden Beteiligten eine inhaltsgleiche Niederschrift in Papierform nach den bisherigen Regelungen des Beurkundungsrechts aufzunehmen. Elektronische und körperliche Niederschrift müssen den Beteiligten vom Notar jedoch insgesamt nur einmal vorgelesen werden.
III. Online-Handelsregisteranmeldungen ab 1. August 2022 zulässig
Das DiRUG eröffnet ab dem 1. August 2022 außerdem die Möglichkeit, bestimmte Handelsregisteranmeldungen vollständig online mittels Videokommunikation vorzunehmen, so dass auch hierbei eine körperliche Anwesenheit der anmeldenden Personen (z.B. GmbH-Geschäftsführer) vor dem beglaubigenden Notar nicht mehr erforderlich sein wird. Ein notarielles Online-Beglaubigungsverfahren wird es dabei ermöglichen, in elektronischer Form abgefasste Erklärungen öffentlich zu beglaubigen.
1. Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der Online-Beglaubigung wird vorerst auf Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister beschränkt sein, so dass Anmeldungen zur Eintragung in andere öffentliche Register (Vereins-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister) auch weiterhin dem traditionellen notariellen Präsenzverfahren unterworfen bleiben.
Umfasst sind dabei nur Handelsregisteranmeldungen durch (i) Einzelkaufleuten (e.K.), (ii) für Kapitalgesellschaften (beschränkt auf GmbH, AG und KGaA) und (iii) für Zweigniederlassungen von inländischen Kapitalgesellschaften (wie ii) oder von ausländischen Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU-Mitglied- oder EWR-Vertragsstaates unterliegen.
Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister für Personenhandelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften [KG] und offene Handelsgesellschaften [oHG]) können damit nicht im Wege einer notariellen Online-Beglaubigung vorgenommen werden, womit die Vorschriften über die Handelsregisteranmeldung einer GmbH & Co. KG (KG) und deren Komplementärin (GmbH) künftig auseinanderfallen werden.
Nachdem im DiRUG-Regierungsentwurf noch eine Öffnung des notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens auch für Genossenschaften vorgesehen war, erfolgte auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages schließlich eine Streichung der Einbeziehung von Genossenschaften in den Anwendungsbereich dieses Verfahrens.
2. Einzelheiten des Online-Beglaubigungsverfahrens
Bei der Online-Beglaubigung handelt sich rechtstechnisch um die öffentliche Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur. Verfahrenstechnisch entspricht das Prozedere weitgehend dem zuvor skizzierten notariellen Online-Beurkundungsverfahren. Auch für das Online-Beglaubigungsverfahren ist zwingend das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer zu verwenden und die darin vorgesehene zweistufige Identifizierung vorzunehmen (siehe hierzu bereits Punkt II. 6.).
Nach Aufforderung durch den Notar wird ein elektronisches Dokument mit der zu beglaubigenden Erklärung durch den/die Beteiligten mit einer vom System zugewiesenen qualifizierten elektronischen Signatur versehen, welche dann mittels Videokommunikation anerkannt wird. Die Online-Beglaubigung erfolgt folglich aufgrund einer Anerkennung der Signatur durch den/die Beteiligten. Es handelt sich wiederum um eine Fernsignatur unter Verwendung des Systems der Bundesnotarkammer (Zugang via kostenlose App der BNotK), so dass die Beteiligten weder eine physische Signaturkarte noch die zum Auslesen einer solchen Karte erforderliche Soft- oder Hardware benötigen. Zur Online-Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur erstellt der Notar ein einfaches elektronisches Zeugnis.
IV. Kosten der Beurkundung und Beglaubigung im notariellen Online-Verfahren
Neben den im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegten Notargebühren für die Beurkundung der Gründungsurkunde bzw. die Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen entsteht eine Auslagenpauschale für die Inanspruchnahme des Videokommunikationssystems der Bundesnotarkammer. Diese beträgt EUR 25,00 für das Beurkundungsverfahren und EUR 8,00 für das Beglaubigungsverfahren. Erfolgt die Beglaubigung mehrerer qualifizierter elektronischer Signaturen in einem einzigen Beglaubigungsvermerk, entsteht die vorgenannte Auslagenpauschale jedoch nur einmal.
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DSC Legal ist eine Notar- und Rechtsanwaltskanzlei am Pariser Platz in Berlin.
Unsere erfahrenen Notare und Rechtsanwälte sind spezialisiert auf die umfassende rechtliche Beratung und Begleitung in- und ausländischer Mandanten und Auftraggeber im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen, Projektentwicklungen, der Schaffung von Wohnungseigentum sowie der Gründung, dem Erwerb bzw. der Veräußerung und dem Betrieb von Unternehmen.
Die Beratung zu Fragestellungen im Bereich des Gesellschaftsrechts gehört zu den Kerngebieten unserer anwaltlichen Praxis.
Ab dem 1. August 2022 stehen unsere Notare auch für Online-Beurkundungen von GmbH-Gründungen und Online-Beglaubigungen von Handelsregisteranmeldungen (bzgl. Einzelkaufleuten, GmbH, AG, KGaA und Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften) im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Verfügung.
Berliner „Mietendeckel“ ist insgesamt von Anfang an nichtig, was nun?
Mit Beschluss vom 25. März 2021 (2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20) erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (nachfolgend abgekürzt „MietenWoG Bln“) für mit dem Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig.
Das MietenWoG Bln (umgangssprachlich auch „Mietendeckel“ genannt) trat am 23. Februar 2020 in Kraft. Seitdem waren die Mieten von ca. 1,5 Millionen vor 2014 erbauten Wohnungen in Berlin auf dem Stand vom 18. Juli 2019 eingefroren. Nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat das Land Berlin mit dem Erlass des MietenWoG Bln jedoch seine Gesetzgebungskompetenz überschritten. Denn die Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum seien als Teil des sozialen Mietrechts in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gefallen. Da der Bund mit den §§ 556 bis 561 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Miethöhe für den frei finanzierten Wohnraum abschließend Gebrauch gemacht habe, sei das Land Berlin aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts zur Regelung des Mietpreisrechts von vornherein nicht befugt gewesen (Art. 72 Abs. 1 GG). Das MietenWoG Bln sei somit formell verfassungswidrig und von Anfang an als unwirksam anzusehen.
Welche rechtlichen Konsequenzen kommen auf Vermieter und Mieter zu?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat zur Folge, dass die Vermieter nun einerseits wieder die vereinbarte höhere Miete und andererseits ggf. auch eine Nachzahlung der Differenzbeträge von den Mietern verlangen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn zwischen den Parteien eine zulässige Miete im Zeitraum zwischen dem 18. Juni 2019 und dem 22. Februar 2020 wirksam vereinbart wurde, diese jedoch mit Inkrafttreten der zweiten Stufe des Mietendeckels am 23. November 2020 abgesenkt wurde.
Ein Nachzahlungsanspruch steht dem Vermieter insbesondere zu, wenn er auf einen Teil der Miete unter Bedingung der Wirksamkeit des MietenWoG Bln verzichtet. Dies dürfte grundsätzlich auch für vereinbarte „Schattenmieten“ gelten. Eine „Schattenmiete“ ist eine Miete, die vorerst nicht zu zahlen war, bei der aber für den Fall der Nichtigkeit des MietenWoG Bln gleichzeitig vereinbart wurde, dass die Differenzbeträge zwischen der nach dem MietenWoG Bln zulässigen Miete und der vertraglich vereinbarten Miete von dem Mieter nachzuzahlen sind. In der juristischen Fachliteratur werden solche Vereinbarungen jedoch vereinzelt als Mieterhöhungen angesehen, deren Wirksamkeit mithin von der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für Mieterhöhungsbegehren abhängig sei (§ 557 Abs. 4 BGB). Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Eilbeschluss (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2020 - 1 BvQ 15/20) angedeutet, dass Vermieter nicht daran gehindert gewesen seien, „sich für den Fall der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes oder Teilen desselben bei Neuvermietungen eine höhere Miete versprechen zu lassen“. Bislang haben die Zivilgerichte über diese Rechtsfrage aber noch nicht (rechtskräftig) entschieden, so dass vorerst Restzweifel an der rechtmäßigen Vereinbarung von „Schattenmieten“ bei Neu- oder Wiedervermietung bestehen bleiben und etwaige Nachzahlungsansprüche von Vermietern vor Gericht womöglich als unbegründet angesehen werden könnten. Ein Nachzahlungsanspruch des Vermieters besteht auch, wenn der Mieter sich für den Fall der Unwirksamkeit des MietenWoG Bln mit einer Mieterhöhung einverstanden erklärt hat. Anderseits dürfte dem Vermieter kein Nachzahlungsanspruch zustehen, wenn er die Miete allein aufgrund des „Mietendeckels“ – bedingungslos – gesenkt hat und für den Mieter keinerlei Anhaltspunkte
dafür ersichtlich waren, wonach er mit der Nachzahlung einer Differenzmiete hätte rechnen müssen.
Ferner bedeutet die Nichtigkeit des MietenWoG Bln für die Vermieter, dass sie seit Verkündung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wieder Mieterhöhungen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete oder Erhöhungen einer vereinbarten Index- oder Staffelmiete aussprechen können.
Welche Handlungsmöglichkeiten kommen für Vermieter und Mieter in Betracht?
Infolge der rückwirkenden Nichtigkeit des MietenWoG Bln können die Vermieter die Mieter zur Zahlung der Differenzbeträge unter Fristsetzung auffordern, sofern die Parteien eine zulässige Miethöhe oder Mieterhöhung vertraglich wirksam vereinbart hatten. Sollte der Mieter zur Nachzahlung der Differenzbeträge verpflichtet sein, diese jedoch nicht leisten wollen/können, kann der Vermieter bei Mietrückstand von mindestens zwei Monatsmieten gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB eine fristlose Kündigung aussprechen. Unabhängig von dieser Voraussetzung für die fristlose Kündigung, kann der Vermieter das Mietverhältnis gemäß § 573 BGB ordentlich kündigen, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete übersteigt und die Verzugsdauer mehr als einen Monat beträgt (BGH, Urt. v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12). Zudem kann er die vereinbarte Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Bei der Neuvermietung von Wohnungen sollte der Vermieter darauf achten, dass die zulässige Miete im Regelfall (Ausnahmen gelten gem. § 556f BGB z. B. für die erstmalige Nutzung und Vermietung von Neubauten u. die erstmalige Vermietung nach umfassender Modernisierung) höchstens 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete, die er dem (qualifizierten) Berliner Mietspiegel (§ 558d BGB) entnehmen kann, liegen darf (§ 556d BGB – „Mietpreisbremse“). Allerdings dürfte der Berliner Mietspiegel 2019 nur noch bis Ende Mai 2021 gelten (§ 558c Abs. 3 BGB).
Sofern eine Nachzahlungspflicht des Mieters besteht und sich die sofortige Nachzahlung der Differenzbeträge aus der vertraglichen Vereinbarung oder sonstigen Erklärungen der Parteien ergibt, wäre es für Mieter ratsam, die Differenzbeträge auch ohne vorherige Zahlungsaufforderung des Vermieters an diesen zu leisten. Kann festgestellt werden, dass die vereinbarte Miete die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete überschreitet, kann der Mieter
das Verlangen des Vermieters auf Zahlung der höheren Miete oder auf Nachzahlung der Differenzbeträge ggf. zurückweisen. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung über die Miethöhe bzw. der Rechtmäßigkeit der Nachzahlungsforderung hat der Mieter die Möglichkeit, die vom Vermieter verlangten Differenzbeträge unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu leisten, um einerseits eine evtl. Rückzahlungsforderung geltend machen zu können und andererseits eine drohende fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) zu vermeiden.
Unabhängig von dem nunmehr als nichtig erklärten Mietendeckel gelten weiterhin die bundesgesetzlichen Regelungen zum Mietpreisrecht (§§ 556 bis 561 BGB), vor allem diejenigen zur „Mietpreisbremse“ (§§ 556d bis 556g BGB) sowie der örtliche Mietspiegel, sofern dieser nicht veraltet ist (§ 558c Abs. 3 BGB). Ob und in welcher Höhe eine Nachzahlungspflicht des Mieters besteht bzw. ob die Differenzbeträge rückwirkend gefordert werden können, bedarf einer sorgfältigen Prüfung des Einzelfalls.
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DSC Legal ist eine Notar- und Rechtsanwaltskanzlei am Pariser Platz in Berlin.
Unsere erfahrenen Notare und Rechtsanwälte sind spezialisiert auf die umfassende rechtliche Beratung und Begleitung in- und ausländischer Mandanten und Auftraggeber im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen, Projektentwicklungen, der Schaffung von Wohnungseigentum sowie der Gründung, dem Erwerb bzw. der Veräußerung und dem Betrieb von Unternehmen.
Die Beratung zu Fragestellungen im Bereich des Immobilienrechts und des Mietrechts gehört zu den Kerngebieten unserer anwaltlichen Praxis.
Die Hinweise in diesem Newsletter können und sollen eine eingehende rechtliche Beratung unter umfassender Prüfung des jeweiligen Einzelfalles nicht ersetzen. Unsere Experten beraten Sie gerne über ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten und vertreten sie mit herausragender Fachkompetenz und umfangreicher Erfahrung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche.
Gesetz zur Modernisierung des Wohnungseigentums
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Wohnungseigentums (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 werden die Vorschriften betreffend das Wohnungseigentum geändert. Im Folgenden sollen die wesentlichen Änderungen zusammengefasst und deren Auswirkungen auf die Praxis von Wohnungseigentümergemeinschaften und deren Verwaltung skizziert werden.
- Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen
Bislang konnte an Außenstellplätzen und sonstigen Freiflächen (z.B. Terrassen, Gartenflächen) kein Sondereigentum begründet werden. Beholfen hat sich die Rechtspraxis insoweit mit der Begründung von Sondernutzungsrechten oder Vermietungslösungen. Nunmehr führt das WEMoG die Sondereigentumsfähigkeit solcher Flächen ein. Dies hat den Vorteil, dass etwa Außenstellplätze und Gartenflächen, an denen Sondereigentum begründet wird, separat veräußert und dinglich belastet werden können. Damit erhöht sich die Rechtssicherheit sowie die Flexibilität in der juristischen Ausgestaltung. - Erleichterung von baulichen Maßnahmen
Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum bedurften bislang grundsätzlich der Zustimmung aller betroffenen Wohnungseigentümer.
Das Gesetz will bauliche Maßnahmen zur Errichtung von Lademöglichkeiten elektrisch betriebener Fahrzeuge, zur Barrierereduzierung, zum Einbruchschutz und zum Glasfaseranschluss privilegieren, in dem es jedem Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch hierauf gewährt. Die Art der Durchführung der Maßnahme kann die Gemeinschaft mitbestimmen. Die Kosten hat der begünstigte Wohnungseigentümer zu tragen.
Darüber hinaus können bauliche Maßnahmen nunmehr grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden, sofern keine grundlege Umgestaltung stattfindet und der einzelne Wohnungseigentümer durch die Baumaßnahme nicht unbillig benachteiligt wird. - Klare Vertretungsbefugnisse und erweiterter Aufgaben des Verwalters
Es ist ausdrücklich geregelt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich durch den Verwalter vertreten wird. Beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages bedarf der Verwalter jedoch eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Verwalter, wird sie durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Die Vertretungsmacht kann Dritten gegenüber nicht beschränkt werden.
Bislang bedurften Verwalter für Maßnahmen, die eine Entscheidung durch die Wohnungseigentümer aus objektiver Sicht nicht erforderten, häufig eines Beschlusses der Wohnungseigentümer, sofern ihnen der Verwaltervertrag keine weitergehenden Befugnisse einräumte. Das WEMoG stellt klar, dass der Verwalter zu Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung berechtigt und verpflichtet ist, die (i) untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder (ii) zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. - Vereinfachung von Abrechnungen, Einführung eines Vermögensberichts
Die gesetzlichen Vorgaben für Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung werden vereinfacht. Das diesen zugrunde liegende Zahlenwerk ist vom Verwalter nur noch vorbereitend zu erstellen, jedoch nicht Beschlussgegenstand. Damit sollen Rechtsstreitigkeiten über Zahlenwerke verhindert werden, die sich auf die Zahlungspflichten des jeweiligen Wohnungseigentümers nicht auswirken.
Neu eingeführt wird ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf ein vom Verwalter zu erstellenden jährlichen Vermögensbericht. In den Vermögensbericht müssen die wesentlichen Vermögensgegenstände der Gemeinschaft (Forderungen, Verbindlichkeiten, sonstige Vermögensgegenstände) aufgenommen werden.
Eine Erleichterung für die Mieterverwaltung gewährt das WEMoG insoweit, als die Betriebskosten gegenüber den Mietern nunmehr auch nach dem zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Abrechnungsmaßstab umgelegt werden können. Damit können aufwändige und fehleranfällig Umrechnungen bei der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung für vermietete Eigentumswohnungen erspart werden. - Vorschub für Digitalisierung
Von besonderer Bedeutung während der andauernden Corona-Pandemie ist, dass das Gesetz die Online-Teilnahme an Versammlungen der Wohnungseigentümer ermöglicht. Dies können die Wohnungseigentümer entsprechend beschließen, wobei für Umlaufbeschlüsse künftig Textform (d.h. auch per E-Mail) ausreicht.
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DSC Legal ist spezialisiert auf die anwaltliche Beratung und notarielle Begleitung von M&A- und Immobilientransaktionen, Bau- und Architektenrecht, Bank- und Finanzierungsrecht, das Recht betreffend Startups und Venture Capital sowie IP- / IT-Recht.
Die Beratung zu Fragestellungen im Bereich des Immobilienrechts gehört zu den Kerngebieten unserer anwaltlichen Praxis.
Die Hinweise in diesem Newsletter können und sollen eine eingehende rechtliche Beratung unter umfassender Prüfung des jeweiligen Einzelfalles nicht ersetzen. Unsere Experten beraten Sie gerne über ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten und vertreten sie mit herausragender Fachkompetenz und umfangreicher Erfahrung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche.
10 Jahre DSC Legal – Ein feierlicher Nachmittag im Team anlässlich des Jubiläums unserer Kanzlei
Am 31.08.2010 wurde die erste E-Mail der DSC Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus der achten Etage des Hochhauses am Kurfürstendamm 207-208 in Berlin-Charlottenburg versendet. Am 31.08.2020 durfte unsere Kanzlei nun ihr 10-jähriges Bestehen feiern.
Wir blicken zurück auf ein Jahrzehnt voller interessanter Ereignisse und spannender Momente, welches geprägt ist von einer stattlichen Zahl von vielfach sehr anspruchsvollen anwaltlichen Mandaten, in der Regel die Beratung zu Immobilien- und Unternehmenstransaktionen sowie Immobilienprojektentwicklungen. Zahlreiche Mandate mit Auslandsbezug bearbeiten wir regelmäßig mit Partnerkanzleien aus aller Welt, mit denen wir Mitglied in dem weltweit größten Beraternetzwerk sind, IR Global, mit über 1.000 Kanzleien rund um den Globus. Mit IR Global verbinden wir darüber hinaus eine Vielzahl geschäftlicher und oftmals auch freundschaftlicher Kontakte sowie die Teilnahme an einzigartigen Konferenzen in aller Welt. Wir erinnern uns auch sehr gerne an die zahlreichen Veranstaltungen im Hause von DSC Legal, welche prägende Eindrücke hinterlassen haben.
Die regelmäßige Anerkennung unserer anwaltlichen Tätigkeit in den vom Bundesverband der Unternehmensjuristen e.V. durchgeführten Kanzleistudien („kanzleimonitor.de“) fand im Jahr 2018 einen besonders erfreulichen Höhepunkt: DSC Legal verteidigte den 1. Platz in der bundesweiten Gesamtwertung für die Branche „Immobilienwirtschaft“ und wurde zur „Führenden Kanzlei Immobilienwirtschaft“ gewählt (Kanzleimonitor 2017-2018). Im selben Jahr erfolgte der Umzug unserer Rechtsanwalts- und Notarkanzlei in das, im Herzen Berlins gelegene, DZ Bank-Gebäude am Pariser Platz 3.
Neben der anwaltlichen hat insbesondere die notarielle Tätigkeit in diesen zehn Jahren durch tausende Beurkundungen für nationale und internationale Beteiligte in den Bereichen des immobilien- und des gesellschaftsrechtlichen Notariats erheblich an Bedeutung gewonnen. Damit zählt das Notariat nun schon seit Jahren zu den wesentlichen Säulen des Wirkens von DSC Legal.
Unser Dank richtet sich an alle Mandanten und Beteiligte im In- und Ausland, die unserem Können immer wieder Vertrauen und Wertschätzung entgegenbringen. Unser Dank gilt in gleicher Weise unserem großartigen Team, welches Tag für Tag herausragende Leistungen erbringt.
Neuer Gesetzesentwurf: Maklerkosten werden künftig aufgeteilt!
Der Deutsche Bundestag hat am 14.05.2020 dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser zugestimmt. Demnach soll der Käufer künftig maximal 50 Prozent der gesamten Maklerkosten beim Immobilienerwerb tragen.
Was wird jetzt neu geregelt und ab wann gelten diese neuen Regelungen?
In das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sollen neue Regelungen (§§ 656a bis 656d BGB) eingeführt werden. Es geht im Wesentlichen um folgende neue Regelungen:
- Maklerverträge für Wohnungen und Einfamilienhäuser bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Textform (z.B. E-Mail),
- Neuregelung zur Verteilung der Maklerkosten gilt nur für Verbraucher,
- Wird der Makler aufgrund zweier Maklerverträge als Interessenvertreter für sowohl Käufer als auch Verkäufer tätig, kann er die Maklerprovision nur von beiden Parteien zu gleichen Teilen verlangen. Hat dagegen nur eine Partei die Entscheidung zur Einschaltung eines Maklers getroffen, ist sie verpflichtet, die Maklerprovision zu zahlen. Vereinbarungen mit dem Ziel, die Kosten der anderen Partei aufzuerlegen, sind nur wirksam, wenn die weitergereichten Kosten maximal 50 Prozent der gesamten Maklerkosten betragen. Der Käufer muss seinen Anteil zudem erst dann zahlen, wenn der Verkäufer seine Zahlung nachgewiesen hat.
- Außerdem wird der Begriff „Mäkler“ im Sinne des BGB durch die gebräuchliche Bezeichnung „Makler“ ersetzt.
Die neuen Regelungen, soweit der Bundesrat keine Einwendungen erhebt, sollen sechs Monate nach der Verkündung – voraussichtlich Mitte/Ende Dezember 2020 oder Januar 2021 – in Kraft treten. Sie sollen für Maklerverträge, die ab dem Inkrafttreten geschlossen werden, gelten. Der Übergangszeitraum soll den Maklern ermöglichen, ihre Geschäftspraktiken an die neue Rechtslage anzupassen.
Welche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Maklerklausel sieht der notarielle Vertrag vor?
Berufs- und beurkundungsrechtlich unbedenklich ist die so genannte deklaratorische Klausel, die lediglich klargestellt, dass der Vertrag durch Vermittlung eines Maklers zu Stande gekommen ist. Diese Klausel begründet keinen materiellen rechtlichen Zahlungsanspruch des Maklers. Sie dient lediglich zu Beweiszwecken. Zudem löst sie keine zusätzlichen Kosten aus.
Weiterhin kommt eine sog. Abwälzungsvereinbarung in Betracht, welche berufs- und beurkundungsrechtlich ebenfalls unbedenklich ist. Diese Gestaltungsmöglichkeit kommt zur Anwendung, wenn nach dem Willen der Vertragsparteien eine bestehende Provisionszahlungspflicht als Teil der Leistung oder der Gegenleistung von einer Kaufvertragspartei auf die andere abgewälzt werden soll. Durch diese Klausel soll die Pflicht zur Zahlung der Maklerprovision durch eine der Kaufvertragsparteien erfüllt werden, ohne dass hierdurch ein eigenständiger Anspruch des Maklers begründet wird. Eine solche Klausel bedarf der notariellen Beurkundung, da es sich insoweit um eine Vereinbarung über die Kostentragung zwischen die Vertragsparteien handelt. Denkbar ist ferner, dass die Maklerprovision einer der Vertragsparteien im Wege der Vertrags- oder Schuldübernahme oder aufgrund eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung) auferlegt wird.
Bislang umstritten sind die als echter Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB ausgestalteten Maklerklauseln, wonach ein eigenständiger Anspruch zugunsten einer der Vertragsparteien und/oder des Maklers konstitutiv begründet wird, dies unabhängig davon, ob dem Makler dieser Anspruch tatsächlich zusteht. Durch diese konstitutive Maklerklausel wird in der Regel ein eigenständiger Anspruch des Maklers gegen den Käufer begründet und die Notar- und Gerichtskosten erhöhen sich.
Welche Auswirkungen haben diese neuen Regelungen auf die notarielle Praxis?
In der bisherigen Praxis haben die Makler oft verlangt, für die Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungseigentum und Grundstück sowie Bauträgerverträgen ihren Maklerprovisionsanspruch im notariellen Kaufvertrag durch eine konstitutive Maklerklausel sicherzustellen.
Auch wenn die Aufnahme einer konstitutiven Maklerklausel in der Regel nicht den tatsächlichen Willen des Käufers entspricht, wird diese konstitutive Maklerklausel dennoch in der notariellen Praxis weiterhin verwendet. Denn der Käufer wird in den meisten Fällen unter Druck gesetzt, wenn er glaubt, er könne die Immobilien nicht erwerben, ohne diese Maklerklausel zu akzeptieren. Ob und inwieweit diese sog. konstitutive Maklerklausel wirksam ist, ist bisher seit Jahrzehnten umstritten.
Mit Urteil vom 24.11.2014 hat sich der BGH mit den Amtspflichten eines Notars bei der Beurkundung von Maklerklauseln befasst. Daraufhin forderte die Bundesnotarkammer in einem Rundschreiben die Notarkammern und ihre Mitglieder zu einem sorgsamen Umgang mit diesen Klauseln auf. Der Notar soll bei der Aufnahme einer konstitutiven Maklerklausel stets sorgfältig prüfen, ob die Aufnahme einer solchen Klausel überhaupt erforderlich und geboten ist und wie diese Klausel rechtlich zu gestalten ist. Sofern keine sachlichen Gründe vorliegen, z.B. eine konkret drohende Vorkaufsrechtsausübung, ist eine Aufnahme einer konstitutiven Klausel auf einseitigen Wunsch des Maklers entgegen dem wirklichen Willen der Parteien nicht geboten.
Aufgrund der Neutralitätspflicht der Notare und unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien soll eine konstitutive Maklerklausel nicht als Regelfall in den notariellen Vertrag aufgenommen werden. Dem Makler ist es möglich, seinen Provisionsanspruch auf anderen Wege z. B. durch Abschluss eines Maklervertrages, zu sichern.
Unter Berücksichtigung des neuen Gesetzesentwurfs lässt sich zusammenfassend festhalten, dass eine solche Maklerklausel zukünftig nur dann wirksam ist, wenn die Vertragsparteien, die einen Makler einvernehmlich beauftragt haben, zur Zahlung der Provision mindestens in gleicher Höhe verpflichtet sind. Hat dagegen nur eine Partei (entweder der Verkäufer oder Käufer) den Makler beauftragt, muss diese die Maklervergütung allein zahlen. Vereinbarungen, die der Abwälzung der Maklerkosten auf eine Vertragspartei dienen, sind nur wirksam, wenn die weitergereichten Kosten maximal 50 Prozent der gesamten Maklerkosten betragen.
Handelt der Käufer im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, kann die Aufteilung der Maklerkosten auch anderweitig vereinbart werden. Die Aufnahme solcher Klauseln bedarf stets einer sorgfältigen Prüfung, insbesondere hinsichtlich ihrer rechtlichen Wirksamkeit.
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