Erweiterung des Anwendungsbereichs notarieller Online-Verfahren
Der Bundestag hat im Juni 2022 das Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften (nachstehend „DiRUG-Ergänzungsgesetz“) verabschiedet. Das DiRUG-Ergänzungsgesetz wird zu erheblichen Erweiterungen des Anwendungsbereichs der bereits durch das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (nachstehend „DiRUG“) im vergangenen Jahr geschaffenen notariellen Verfahren der Online-Beurkundung und Online-Belaubigung führen, die überwiegend bereits am 1. August 2022 in Kraft treten werden.
Über diese sehr praxisrelevante Neuregelung soll nachfolgend ein kurzer Überblick gegeben werden.
I. Bisherige Rechtslage nach dem DiRUG
Im Oktober 2021 hatten wir in einem Newsletter bereits über die weitreichenden Änderungen aufgrund des DiRUG berichtet, durch welches Online-Gründungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH, inkl. ihrer Sonderform der UG (haftungsbeschränkt)) und bestimmte Online-Handelsregisteranmeldungen ab dem 1. August 2022 möglich gemacht wurden.
Das notarielle Online-Beurkundungsverfahren war hiernach ausschließlich für die Gründung einer GmbH eröffnet und zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass dieses nur sog. Bargründungen erfassen sollte. Sachgründungen waren dagegen vom Anwendungsbereich des notariellen Online-Gründungsverfahrens ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Anwendungsbereich der Online-Beglaubigung war auf Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister beschränkt, wobei nur Handelsregisteranmeldungen durch Einzelkaufleuten (e.K.), für Kapitalgesellschaften (beschränkt auf GmbH, AG und KGaA) und für Zweigniederlassungen von inländischen Kapitalgesellschaften (wie zuvor) oder von ausländischen Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU-Mitglied- oder EWR-Vertragsstaates unterliegen, erfasst waren. Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister für Personenhandelsgesellschaften (KG und oHG) waren nach dem DiRUG von der Möglichkeit einer notariellen Online-Beglaubigung ausgenommen.
II. Zukünftige Rechstlage nach dem DiRUG-Ergänzungsgesetz
Durch das DiRUG-Ergänzungsgesetz wird der Anwendungsbereich des notariellen Verfahrens der Online-Beurkundung auf folgende beurkundungsbedürftige Rechtsgeschäfte ausgeweitet:
- GmbH-Sachgründungen (d.h. Gründungen bei denen die Nennbeträge der Geschäftsanteile aller Gründungsgesellschafter nicht ausschließlich in Geld zu erbringen sind),
- Erteilung von Vollmachten zur GmbH-Gründung (sog. Gründungsvollmachten),
- gemeinsam mit der GmbH-Gründung getroffene Willenserklärungen,
- einstimmig gefasste Beschlüsse zur Änderung von GmbH-Gesellschaftsverträgen (sog. satzungsändernde Beschlüsse) einschließlich Kapitalmaßnahmen (d.h. Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals)
Die Beschränkung des Verfahrens der Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen auf bestimmte Rechtsträger wurde aufgehoben. Beglaubigungen von Handelsregisteranmeldungen im Wege der Videokommunikation mit dem Notar werden künftig für sämtliche im Handelsregister einzutragende Rechtsträger zulässig sein. Sodann werden auch Kommanditgesellschaften (insbesondere in ihrer häufigen Gestaltungsvariante der GmbH & Co. KG) und offene Handelsgesellschaften (oHG) erfasst sein.
Ferner werden Anmeldungen zum Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister in den Anwendungsbereich des notariellen Verfahrens für Online-Beglaubigungen einbezogen.
Hinsichtlich der Einzelheiten und des technischen Ablaufs der notariellen Online-Verfahren verweisen wir zur Vermeidung von Wiederholungen auf unseren früheren Newsletter zum DiRUG.
III. Inkrafttreten der Neuregelungen
Die Neuregelungen über die notarielle Online-Beglaubigung von Anmeldungen zum Handels- Partnerschafts- und Genossenschaftsregister sollen zeitgleich mit dem DiRUG bereits am 1. August 2022 in Kraft treten. Gleiches gilt für die neuen Vorschriften zur Zulässigkeit der notariellen Online-Beurkundung von GmbH-Gründungsvollmachten und gemeinsam mit der Gründung getroffene Willenserklärungen und Gesellschafterbeschlüsse.
Die Neuregelungen zur Ausweitung der Online-Verfahren auf Vereinsregisteranmeldungen und GmbH-Sachgründungen, Gesellschafterbeschlüsse zur Änderung von GmbH-Satzungen sowie Erklärungen zur Übernahme neuer GmbH-Geschäftsanteile anlässlich von Kapitalerhöhungen werden dagegen erst am 1. August 2023 in Kraft treten, da diese einen erheblich höheren organisatorischen und technischen Aufwand erfordern.
IV. Video der Bundesnotarkammer zur Veranschaulichung
Ein Video der Bundesnotarkammer, welches Ihnen einfach und verständlich zeigt, wie Sie zukünftig GmbH-Gründungen und Registeranmeldungen digital vornehmen können, steht hier zum Abruf bereit.
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Unsere erfahrenen Notare und Rechtsanwälte sind spezialisiert auf die umfassende rechtliche Beratung und Begleitung in- und ausländischer Mandanten und Auftraggeber im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen, Projektentwicklungen, der Schaffung von Wohnungseigentum sowie der Gründung, dem Erwerb bzw. der Veräußerung und dem Betrieb von Unternehmen.
Die Beratung zu Fragestellungen im Bereich des Gesellschaftsrechts gehört zu den Kerngebieten unserer anwaltlichen Praxis.
Verschärfte Pflicht zur Mitteilung der wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister - Erhebliche Bußgelder drohen!
Relativ unbemerkt ist mit dem Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz („TraFinG“ - BGBl. I S. 2083) bereits zum 1. August 2021 eine weitere Verschärfung des Geldwäscherechts in Kraft getreten, welche auch für eine große Anzahl deutscher Gesellschaften von erheblicher Relevanz sein dürfte. Hierbei geht es um die Pflicht zur Mitteilung der sog. wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister. Das Transparenzregister, welches die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erleichtern soll, wird von der Bundesanzeiger Verlag GmbH geführt und untersteht der Aufsicht des Bundesverwaltungsamts („BVA“).
Nach dem Geldwäschegesetz („GwG“) sind juristische Personen des Privatrechts (z.B. AG, GmbH u. eG) und Personenhandelsgesellschaften (KG, oHG) grundsätzlich dazu verpflichtet, im Transparenzregister ihre wirtschaftlich Berechtigten eintragen zu lassen. Zu den wirtschaftlich Berechtigten dieser Gesellschaften gehören nach § 3 Abs. 2 GwG grundsätzlich alle natürlichen Personen, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile halten oder mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Wenn kein wirtschaftlich Berechtigter nach diesen Kriterien ermittelt werden kann, gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder Partner (sog. fiktiver wirtschaftlich Berechtigter).
Für die Erfüllung der Meldepflichten zum Transparenzregister bestanden zunächst erhebliche Erleichterungen, welche mit Inkrafttreten des TraFinG am 1. August 2021 entfallen sind. Mit diesem Newsletter möchten wir über die damit eingetretene Verschärfung der Mitteilungspflicht zum Transparenzregister und die bereits im laufenden Jahr 2022 auslaufenden Übergangsvorschriften für ehemals privilegierte Gesellschaften informieren. Die gravierenden Rechtsfolgen (Bußgelder), welche den betroffenen Gesellschaften bei einem Pflichtverstoß drohen, sollten deren Inhaber und Geschäftsleiter zu einer unverzüglichen Prüfung etwaiger noch nicht erfüllter Transparenzpflichten und ggf. Einholung der vollständigen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten und deren rechtzeitge Mitteilung an das Transparenzregister veranlassen.
I. Frühere Rechtslage (sog. Mitteilungsfiktion)
Nach früherer Rechtslage konnten Gesellschaften, deren wirtschaftlich Berechtigte sich bereits nachvollziehbar aus anderen öffentlich einsehbaren und elektronisch abrufbaren Registern ergeben hatten (z.B. Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister), auf eine Meldefiktion berufen, wonach die Mitteilungspflicht zum Transparenzregister als erfüllt anzusehen war und mithin keine zusätzliche Mitteilung des/der wirtschaftlich Berechtigten erfolgen musste. Die Meldefiktion kam insbesondere der GmbH (bzw. UG [haftungsbeschränkt]) zugute, da sich aus der im Handelsregister abrufbaren Gesellschafterliste im Regelfall die wirtschaftlich Berechtigten ermitteln ließen. Auch für bösennotierte Gesellschaften (AG, KGaA, SE) bestand regelmäßig eine solche Meldefiktion, da diese Gesellschaften bereits vergleichbaren kapitalmarktrechtlichen Offenlegungspflichten unterliegen.
II. Neue Rechtslage ab 1. August 2021 (Wegfall der Mitteilungsfiktion)
Die vorgenannten Mitteilungsfiktionen sind durch das TraFinG ersatzlos gestrichen worden. Seither sind alle neugegründeten juristischen Personen des Privatrechts (z.B. AG, GmbH u. eG) und eingetragenen Personengesellschaften (KG, oHG) zur Einholung, Aufbewahrung und Aktualisierung der gesetzlichen Angaben ihrer wirtschaftlich Berechtigten (d.h. Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art u. Umfang des wirtschaftlichen Interesses u. Staatsangehörigkeiten) sowie zu deren unverzüglichen Mitteilung an das Transparenzregister verpflichtet (zur Erleichterung für e.V. siehe unter IV.).
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Verwaltungspraxis des zuständigen BVA auch die Meldefiktion für börsennotierte Gesellschaften als nicht mehr existent angesehen wird, obgleich die gesetzliche Definition des wirtschaftlich Berechtigten bei juristischen Personen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GwG) auch weiterhin eine ausdrückliche Ausnahme für börsennotierte Gesellschaften (bzw. Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind) enthält. Diese Bereichsausnahme sollte ursprünglich wohl ebenfalls gestrichen werden, wurde aber vom Finanzausschuss des Bundestages kurz vor Verabschiedung des Gesetzes wieder eingefügt. Ziel dieser Intervention des Finanzausschusses sei es dabei gewesen, börsennotierte Gesellschaften im Einklang mit der zugrundeliegenden EU-Geldwäscherichtlinie insgesamt zu privilegieren, d.h. auch von der Meldepflicht zum Transparenzregister weiterhin auszunehmen (so jedenfalls gewichtige Stimmen in der juristischen Fachliteratur). Eine klarstellende Rückfrage von DSC Legal beim zuständigen BVA ergab allerdings, dass die Behörde auch für börsennotierte Gesellschaften nunmehr von einer generellen Mitteilungspflicht ausgeht. Bei der konkreten Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten sei nach Ansicht des BVA auf den allgemeinen Auffangtatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG abzustellen. Soweit bei einer börsennotierten Gesellschaft, die an einem organisierten Markt gelistet ist, hiernach kein tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter existiert, kann auch bei diesen Gesellschaften auf die fiktiven wirtschaftlich Berechtigten (z.B. Vorstand einer AG) abgestellt werden.
III. Übergangsregelungen für zuvor privilegierte Bestandsgesellschaften
Für die Meldung zum Transparenzregister sind die nachfolgenden gesetzlichen Übergangsfristen vorgesehen, welche jedoch nur für solche Unternehmen gelten, deren Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister bis zum 1. August 2021 aufgrund der bis dahin geltenden Mitteilungsfiktionen als erfüllt anzusehen war:
- Aktiengesellschaften (AG, SE) und Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) bis zum bis zum 31. März 2022,
- GmbH (inkl. UG) und eG bis zum 30. Juni 2022,
- Europäische Genossenschaften oder Partnerschaften bis zum 30. Juni 2022,
- in allen anderen Fällen (vor allem Stiftungen u. eingetragene Personengesellschaften wie oHG u. KG) bis spätestens zum 31. Dezember 2022.
IV. Vereinfachung für Vereine
Hinsichtlich der Mitteilungspflichten für eingetragene Vereine (e.V.) nach § 21 BGB sieht das Gesetz wesentliche Erleichterungen vor. Danach ist die registerführende Stelle auf Grundlage der Daten des Vereinsregisters grundsätzlich verpflichtet, die Eintragungen für den Verein in das Transparenzregister vorzunehmen, ohne dass eine gesonderte Mitteilung durch den Verein erforderlich ist. Die im Vereinsregister stehenden Daten gelten dabei als Angaben des Vereins. Als wirtschaftlich Berechtigte werden die Vorstandsmitglieder des Vereins eingetragen. Ausnahmsweise besteht jedoch dann eine eigene Verpflichtung des Vereins zur Meldung, wenn eine Änderung im Vereinsvorstand nicht unverzüglich zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet wurde oder die Angaben im Vereinsregister unrichtig sind. Eine Eintragung im Transparenzregister erfolgt erstmalig spätestens zum 1. Januar 2023. Danach erfolgt die automatische Eintragung anlassbezogen.
V. Rechtsfolge bei festgestellten Pflichtverstößen
Eine vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der gesetzlichen Pflichten zur Einholung, Aufbewahrung und Aktualisierung der Angaben zu den wirtschaftlichen Berechtigten und/oder der Pflicht zu deren (vollständigen, richtigen u. rechtzeitigen) Mitteilung an das Transparenzregister stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu EUR 150.000,00 (bei Vorsatz) bzw. EUR 100.000,00 (bei Leichtfertigkeit) geahndet werden kann. Die Geldbuße kann sogar bis zu EUR 1.000.000,00 oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils betragen, wenn es sich um einen schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstoß handelt. Der wirtschaftliche Vorteil umfasst erzielte Gewinne und vermiedene Verluste und kann geschätzt werden.
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Online-Gründung einer GmbH per Videokonferenz mit dem Notar ab dem 1. August 2022 möglich!
Der Deutsche Bundestag hat im Juni 2021 das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (nachstehend abgekürzt „DiRUG“) verabschiedet. Das DiRUG, welches vom Bundesrat gebilligt und im August 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, enthält unter anderem Vorschriften zur Ermöglichung der Online-Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und bestimmter Online-Handelsregisteranmeldungen, welche am 1. August 2022 in Kraft treten werden. Über diese Neuregelungen soll nachfolgend ein einführender Überblick gegeben werden.
I. Gegenwärtige Rechtslage
Für die Gründung einer GmbH ist nach aktueller Rechtslage das körperliche Erscheinen der Gründungsgesellschafter und des/der Geschäftsführer/s oder deren bevollmächtigten Vertreter vor dem Notar notwendig. Ein physisches Präsenzverfahren kommt derzeit auch für sämtliche Handelsregisteranmeldungen zur Anwendung.
Die wirksame Errichtung einer GmbH erfordert zunächst den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages (Satzung) in notarieller Form und mithin dessen notarielle Beurkundung. Nach dem gegenwärtigen Recht ist für eine wirksame Beurkundung das Gründungsprotokoll (die Satzung ist i.d.R. eine Anlage zu dieser Mantelurkunde) in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorzulesen, von diesen zu genehmigen und eigenhändig zu unterschreiben.
Zur Entstehung der GmbH als juristische Person ist ferner die Eintragung in das Handelsregister erforderlich, was eine entsprechende Anmeldung durch sämtliche Geschäftsführer voraussetzt. Diese erstmalige und alle nachfolgenden Handelsregisteranmeldungen der GmbH (z.B. bei Satzungsänderungen und Geschäftsführerwechseln) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit stets der öffentlichen Beglaubigung, wofür nach dem jetzigen Beurkundungsrecht die Vollziehung oder Anerkennung der Unterschrift/en in Gegenwart des Notars vorgeschrieben ist. Selbige Voraussetzung besteht derzeit auch für Handelsregisteranmeldungen der sonstigen im Handelsregister eingetragenen Einzelkaufleute (e.K.), Handelsgesellschaften (AG, KGaA, KG und oHG) und Zweigniederlassungen.
Als Alternative zu diesen traditionellen Präsenzverfahren ermöglicht das DiRUG im Rahmen und unter den Voraussetzungen von neu geschaffenen Online-Verfahren künftig erstmals die Durchführung von notariellen Beurkundungen und Beglaubigungen ohne eine körperliche Anwesenheit der Beteiligten vor dem Notar. Durch die zwingende Mitwirkung von Notaren an den neuen digitalen Verfahrensformen soll gewährleistet werden, dass diese als „Wächter der Privatautonomie“ auch in Zukunft ihre besondere Betreuungs-, Beratungs- und Gewährungsfunktion im Gefüge der vorsorgenden Rechtspflege erfüllen können.
II. Online-Gründung ab 1. August 2022 zulässig
Abweichend von der zuvor beschriebenen aktuellen Rechtslage werden mit dem Inkrafttreten des DiRUG ab dem 1. August 2022 bestimmte GmbH-Gründungen im Wege eines notariellen Online-Beurkundungsverfahrens vollständig digital zulässig und möglich sein, so dass eine körperliche Anwesenheit der Beteiligten vor dem beurkundenden Notar nicht mehr erforderlich sein wird.
1. Erfasste Gesellschaften (nur GmbHs)
Die Online-Beurkundung wird vorerst auf die Gründung einer GmbH (inkl. ihrer Sonderform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)) beschränkt bleiben. Eine Online-Gründung anderer Kapitalgesellschaften (AG, KGaA) ist dagegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.
2. Beschränkung auf GmbH-Gründungen
Das notarielle Online-Beurkundungsverfahren ist ausschließlich für die Gründung einer GmbH (d.h. notarielle Beurkundung der Satzung sowie im Rahmen der Gründung gefasste Gesellschafterbeschlüsse) eröffnet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass spätere beurkundungsbedürftige Maßnahmen innerhalb der GmbH (z.B. Satzungsänderung, Formwechsel, Verschmelzung und Auflösung) nach wie vor im herkömmlichen Präsenzverfahren beurkundet werden müssen. Selbiges gilt für die Verfügung über Geschäftsanteile an einer GmbH (z.B. Veräußerung und Verpfändung von Geschäftsanteilen).
3. Beschränkung auf Bargründungen
Die Zulässigkeit des Online-Beurkundungsverfahrens ist zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass dieses nur sog. Bargründungen erfasst, bei denen also die Nennbeträge der Geschäftsanteile aller Gründungsgesellschafter ausschließlich in Geld (d.h. ohne Sacheinlagen) zu erbringen sind. Sachgründungen sind dagegen vom Anwendungsbereich des notariellen Online-Gründungsverfahrens ausgeschlossen.
4. Online-Musterprotokollgründung
Für die Online-Gründung einer GmbH kann außerdem auf zwei zusätzliche vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Musterprotokolle (Musterprotokolle für die Gründung einer Einpersonen- oder Mehrpersonengesellschaft) zurückgegriffen werden. Im Unterschied zu den bereits existierenden Musterprotokollen für das (kostenprivilegierte) vereinfachte Gründungsverfahren besteht für die (nicht kostenprivilegierte) Online-Musterprotokollgründung keine Begrenzung auf drei Gründungsgesellschafter und einen Geschäftsführer. Ferner existiert eine abstrakte Vertretungsregelung, wonach bei Bestellung eines Geschäftsführers dieser alleine vertritt und bei Bestellung von mehreren Geschäftsführern die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten wird.
5. Online-Handelsregisteranmeldung
Die für die wirksame Gründung einer GmbH zwingend erforderliche Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann künftig auf Grundlage einer Handelsregisteranmeldung sämtlicher Geschäftführer unter Verwendung eines notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens mittels Videokommunikation vorgenommen werden (siehe hierzu Punkt III.).
6. Einzelheiten des Online-Beurkundungsverfahrens
a) Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer
Die Online-Beurkundung erfolgt im Wege einer Echtzeit-Videokonferenz zwischen Notar und Beteiligten. Die Bundesnotarkammer wird dafür ein sicheres, manipulationsresistentes und zuverlässiges Videokommunikationssystem einrichten und betreiben. Eine Online-Beurkundung über andere Videokommunikationssysteme ist beurkundungsrechtlich nicht zulässig.
b) Identifizierung der Beteiligten
Voraussetzung für die Nutzung des Videokommunikationssystems ist die sichere Identifizierung der Beteiligten über ein zweistufiges Verfahren.
In einem ersten Schritt erfolgt eine elektronische Identifizierung durch einen elektronischen Identitätsnachweis (eID), welcher durch einen deutschen Personalsauweis mit eID-Funktion (für deutsche Staatsangehörige), eine eID-Karte (für Staatsangehörige anderer EU/EWR-Mitgliedstaaten) sowie einen elektronischen Aufenthaltstitel mit eID-Funktion (für Angehörige von Drittstaaten) erbracht werden kann. Deutsche oder ausländische Reisepässe oder Ausweise von Drittstaaten (z.B. Schweiz, Vereinigtes Königreich oder USA) sind hiernach keine tauglichen Identifizierungsmittel im Sinne der ersten Identifizierungsstufe.
Alternativ können sich Beteiligte auch mittels eines von einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellten elektronischen Identifizierungsmittels ausweisen, wenn dieses im Rahmen eines entsprechenden Notifizierungsverfahrens des jeweiligen Mitgliedstaates für die Zwecke der grenzüberschreitenden Authentifizierung nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (eIDAS-VO) zertifiziert und anerkannt worden ist und dem höchsten Sicherheitsniveau („hoch“) der eIDAS-VO entspricht.
In einem zweiten Schritt hat der Notar das Erscheinungsbild eines jeden Beteiligten mit dessen elektronisch übermitteltem Lichtbild abzugleichen, es sei denn, der jeweilige Beteiligte ist dem Notar persönlich bekannt. Zuvor wird das Lichtbild aus dem Chip eines NFC-fähigen Personalausweises oder Reisepasses ausgelesen. Der Auslesevorgang erfolgt technisch durch das Videokommunikationssystem (siehe lit. a), wobei die Beteiligten ein marktübliches Smartphone mit einer von der Bundesnotarkammer für das Verfahren kostenlos bereitgestellten App als Auslesegerät verwenden können. Das sogenannte Video-Ident-Verfahren, bei dem ein Ausweispapier zur Übermittlung eines dort aufgebrachten Lichtbildes per Webcam gefilmt wird, kommt zur Identifizierung dagegen nicht in Betracht.
c) Aufnahme einer elektronischen Niederschrift
Im Rahmen der Beurkundung über die mittels Videokommunikation durchgeführte Verhandlung erstellt der Notar anstelle einer Urkunde in Papierform wie im traditionellen Präsenzverfahren eine elektronische Niederschrift über die Verhandlung. Hierbei handelt es sich um ein rein elektronisches Dokument und nicht etwa um ein mit EDV-Unterstützung hergestelltes Papierdokument.
Im Online-Beurkundungsverfahren treffen den Notar dieselben Pflichten wie im Präsenzverfahren, insbesondere die Pflicht zur Verfahrensleitung einschließlich des Vorlesens der elektronischen Niederschrift, zur Identifizierung der Beteiligten und zur Feststellung der Geschäftsfähigkeit. Es gelten dabei auch die sonstigen Vorschriften über die Niederschrift, einschließlich der Vorschriften über Prüfungs- und Belehrungspflichten.
Die elektronische Niederschrift soll den Beteiligten auf Verlangen vor der Genehmigung auch elektronisch zur Durchsicht übermittelt werden.
d) Elektronische Unterzeichnung der Gründungsurkunde und der Gesellschafterliste
Da ein eigenhändiges Unterzeichnen im Rahmen des Online-Beurkundungsverfahrens nicht in Betracht kommt, ist die elektronische Niederschrift mit den qualifizierten elektronischen Signaturen des Notars und aller sonstigen Personen zu versehen, welche an der Beukundung mitwirken und deren Unterschriften nach dem Beurkundungsgesetz erforderlich sind. Die Erzeugung der qualifizierten elektronischen (Fern-)Signatur/en und das Versehen der elektronischen Urkunde mit dieser/diesen Signatur/en sollen dabei wiederum über das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer erfolgen (siehe lit. a). Der Notar wird die elektronische Niederschrift mittels seiner Signaturkarte selbst signieren.
Die anlässlich der GmbH-Gründung zwingend zum Handelsregister einzureichende Liste der Gesellschafter kann von dem/den Geschäftsführer/n künftig ebenfalls mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden, so dass auch die (Fremd-)Geschäftsführer nicht körperlich vor dem Notar erscheinen müssen.
e) Möglichkeit einer „gemischten Beurkundung“
Zulässig wird außerdem die sog. gemischte Beurkundung sein, wobei ein Teil der Beteiligten an der Beurkundung digital per Videokonferenz teilnimmt, während die weiteren Beteiligten beim Notar körperlich anwesend sind. In diesem Fall ist zusätzlich zu der elektronischen Niederschrift mit den körperlich anwesenden Beteiligten eine inhaltsgleiche Niederschrift in Papierform nach den bisherigen Regelungen des Beurkundungsrechts aufzunehmen. Elektronische und körperliche Niederschrift müssen den Beteiligten vom Notar jedoch insgesamt nur einmal vorgelesen werden.
III. Online-Handelsregisteranmeldungen ab 1. August 2022 zulässig
Das DiRUG eröffnet ab dem 1. August 2022 außerdem die Möglichkeit, bestimmte Handelsregisteranmeldungen vollständig online mittels Videokommunikation vorzunehmen, so dass auch hierbei eine körperliche Anwesenheit der anmeldenden Personen (z.B. GmbH-Geschäftsführer) vor dem beglaubigenden Notar nicht mehr erforderlich sein wird. Ein notarielles Online-Beglaubigungsverfahren wird es dabei ermöglichen, in elektronischer Form abgefasste Erklärungen öffentlich zu beglaubigen.
1. Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der Online-Beglaubigung wird vorerst auf Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister beschränkt sein, so dass Anmeldungen zur Eintragung in andere öffentliche Register (Vereins-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister) auch weiterhin dem traditionellen notariellen Präsenzverfahren unterworfen bleiben.
Umfasst sind dabei nur Handelsregisteranmeldungen durch (i) Einzelkaufleuten (e.K.), (ii) für Kapitalgesellschaften (beschränkt auf GmbH, AG und KGaA) und (iii) für Zweigniederlassungen von inländischen Kapitalgesellschaften (wie ii) oder von ausländischen Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU-Mitglied- oder EWR-Vertragsstaates unterliegen.
Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister für Personenhandelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften [KG] und offene Handelsgesellschaften [oHG]) können damit nicht im Wege einer notariellen Online-Beglaubigung vorgenommen werden, womit die Vorschriften über die Handelsregisteranmeldung einer GmbH & Co. KG (KG) und deren Komplementärin (GmbH) künftig auseinanderfallen werden.
Nachdem im DiRUG-Regierungsentwurf noch eine Öffnung des notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens auch für Genossenschaften vorgesehen war, erfolgte auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages schließlich eine Streichung der Einbeziehung von Genossenschaften in den Anwendungsbereich dieses Verfahrens.
2. Einzelheiten des Online-Beglaubigungsverfahrens
Bei der Online-Beglaubigung handelt sich rechtstechnisch um die öffentliche Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur. Verfahrenstechnisch entspricht das Prozedere weitgehend dem zuvor skizzierten notariellen Online-Beurkundungsverfahren. Auch für das Online-Beglaubigungsverfahren ist zwingend das Videokommunikationssystem der Bundesnotarkammer zu verwenden und die darin vorgesehene zweistufige Identifizierung vorzunehmen (siehe hierzu bereits Punkt II. 6.).
Nach Aufforderung durch den Notar wird ein elektronisches Dokument mit der zu beglaubigenden Erklärung durch den/die Beteiligten mit einer vom System zugewiesenen qualifizierten elektronischen Signatur versehen, welche dann mittels Videokommunikation anerkannt wird. Die Online-Beglaubigung erfolgt folglich aufgrund einer Anerkennung der Signatur durch den/die Beteiligten. Es handelt sich wiederum um eine Fernsignatur unter Verwendung des Systems der Bundesnotarkammer (Zugang via kostenlose App der BNotK), so dass die Beteiligten weder eine physische Signaturkarte noch die zum Auslesen einer solchen Karte erforderliche Soft- oder Hardware benötigen. Zur Online-Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur erstellt der Notar ein einfaches elektronisches Zeugnis.
IV. Kosten der Beurkundung und Beglaubigung im notariellen Online-Verfahren
Neben den im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegten Notargebühren für die Beurkundung der Gründungsurkunde bzw. die Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen entsteht eine Auslagenpauschale für die Inanspruchnahme des Videokommunikationssystems der Bundesnotarkammer. Diese beträgt EUR 25,00 für das Beurkundungsverfahren und EUR 8,00 für das Beglaubigungsverfahren. Erfolgt die Beglaubigung mehrerer qualifizierter elektronischer Signaturen in einem einzigen Beglaubigungsvermerk, entsteht die vorgenannte Auslagenpauschale jedoch nur einmal.
Smart and to the point.
DSC Legal ist eine Notar- und Rechtsanwaltskanzlei am Pariser Platz in Berlin.
Unsere erfahrenen Notare und Rechtsanwälte sind spezialisiert auf die umfassende rechtliche Beratung und Begleitung in- und ausländischer Mandanten und Auftraggeber im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen, Projektentwicklungen, der Schaffung von Wohnungseigentum sowie der Gründung, dem Erwerb bzw. der Veräußerung und dem Betrieb von Unternehmen.
Die Beratung zu Fragestellungen im Bereich des Gesellschaftsrechts gehört zu den Kerngebieten unserer anwaltlichen Praxis.
Ab dem 1. August 2022 stehen unsere Notare auch für Online-Beurkundungen von GmbH-Gründungen und Online-Beglaubigungen von Handelsregisteranmeldungen (bzgl. Einzelkaufleuten, GmbH, AG, KGaA und Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften) im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Verfügung.
Berliner „Mietendeckel“ ist insgesamt von Anfang an nichtig, was nun?
Mit Beschluss vom 25. März 2021 (2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20) erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (nachfolgend abgekürzt „MietenWoG Bln“) für mit dem Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig.
Das MietenWoG Bln (umgangssprachlich auch „Mietendeckel“ genannt) trat am 23. Februar 2020 in Kraft. Seitdem waren die Mieten von ca. 1,5 Millionen vor 2014 erbauten Wohnungen in Berlin auf dem Stand vom 18. Juli 2019 eingefroren. Nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat das Land Berlin mit dem Erlass des MietenWoG Bln jedoch seine Gesetzgebungskompetenz überschritten. Denn die Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum seien als Teil des sozialen Mietrechts in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gefallen. Da der Bund mit den §§ 556 bis 561 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Miethöhe für den frei finanzierten Wohnraum abschließend Gebrauch gemacht habe, sei das Land Berlin aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts zur Regelung des Mietpreisrechts von vornherein nicht befugt gewesen (Art. 72 Abs. 1 GG). Das MietenWoG Bln sei somit formell verfassungswidrig und von Anfang an als unwirksam anzusehen.
Welche rechtlichen Konsequenzen kommen auf Vermieter und Mieter zu?
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat zur Folge, dass die Vermieter nun einerseits wieder die vereinbarte höhere Miete und andererseits ggf. auch eine Nachzahlung der Differenzbeträge von den Mietern verlangen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn zwischen den Parteien eine zulässige Miete im Zeitraum zwischen dem 18. Juni 2019 und dem 22. Februar 2020 wirksam vereinbart wurde, diese jedoch mit Inkrafttreten der zweiten Stufe des Mietendeckels am 23. November 2020 abgesenkt wurde.
Ein Nachzahlungsanspruch steht dem Vermieter insbesondere zu, wenn er auf einen Teil der Miete unter Bedingung der Wirksamkeit des MietenWoG Bln verzichtet. Dies dürfte grundsätzlich auch für vereinbarte „Schattenmieten“ gelten. Eine „Schattenmiete“ ist eine Miete, die vorerst nicht zu zahlen war, bei der aber für den Fall der Nichtigkeit des MietenWoG Bln gleichzeitig vereinbart wurde, dass die Differenzbeträge zwischen der nach dem MietenWoG Bln zulässigen Miete und der vertraglich vereinbarten Miete von dem Mieter nachzuzahlen sind. In der juristischen Fachliteratur werden solche Vereinbarungen jedoch vereinzelt als Mieterhöhungen angesehen, deren Wirksamkeit mithin von der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für Mieterhöhungsbegehren abhängig sei (§ 557 Abs. 4 BGB). Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Eilbeschluss (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2020 - 1 BvQ 15/20) angedeutet, dass Vermieter nicht daran gehindert gewesen seien, „sich für den Fall der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes oder Teilen desselben bei Neuvermietungen eine höhere Miete versprechen zu lassen“. Bislang haben die Zivilgerichte über diese Rechtsfrage aber noch nicht (rechtskräftig) entschieden, so dass vorerst Restzweifel an der rechtmäßigen Vereinbarung von „Schattenmieten“ bei Neu- oder Wiedervermietung bestehen bleiben und etwaige Nachzahlungsansprüche von Vermietern vor Gericht womöglich als unbegründet angesehen werden könnten. Ein Nachzahlungsanspruch des Vermieters besteht auch, wenn der Mieter sich für den Fall der Unwirksamkeit des MietenWoG Bln mit einer Mieterhöhung einverstanden erklärt hat. Anderseits dürfte dem Vermieter kein Nachzahlungsanspruch zustehen, wenn er die Miete allein aufgrund des „Mietendeckels“ – bedingungslos – gesenkt hat und für den Mieter keinerlei Anhaltspunkte
dafür ersichtlich waren, wonach er mit der Nachzahlung einer Differenzmiete hätte rechnen müssen.
Ferner bedeutet die Nichtigkeit des MietenWoG Bln für die Vermieter, dass sie seit Verkündung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wieder Mieterhöhungen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete oder Erhöhungen einer vereinbarten Index- oder Staffelmiete aussprechen können.
Welche Handlungsmöglichkeiten kommen für Vermieter und Mieter in Betracht?
Infolge der rückwirkenden Nichtigkeit des MietenWoG Bln können die Vermieter die Mieter zur Zahlung der Differenzbeträge unter Fristsetzung auffordern, sofern die Parteien eine zulässige Miethöhe oder Mieterhöhung vertraglich wirksam vereinbart hatten. Sollte der Mieter zur Nachzahlung der Differenzbeträge verpflichtet sein, diese jedoch nicht leisten wollen/können, kann der Vermieter bei Mietrückstand von mindestens zwei Monatsmieten gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB eine fristlose Kündigung aussprechen. Unabhängig von dieser Voraussetzung für die fristlose Kündigung, kann der Vermieter das Mietverhältnis gemäß § 573 BGB ordentlich kündigen, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete übersteigt und die Verzugsdauer mehr als einen Monat beträgt (BGH, Urt. v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12). Zudem kann er die vereinbarte Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Bei der Neuvermietung von Wohnungen sollte der Vermieter darauf achten, dass die zulässige Miete im Regelfall (Ausnahmen gelten gem. § 556f BGB z. B. für die erstmalige Nutzung und Vermietung von Neubauten u. die erstmalige Vermietung nach umfassender Modernisierung) höchstens 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete, die er dem (qualifizierten) Berliner Mietspiegel (§ 558d BGB) entnehmen kann, liegen darf (§ 556d BGB – „Mietpreisbremse“). Allerdings dürfte der Berliner Mietspiegel 2019 nur noch bis Ende Mai 2021 gelten (§ 558c Abs. 3 BGB).
Sofern eine Nachzahlungspflicht des Mieters besteht und sich die sofortige Nachzahlung der Differenzbeträge aus der vertraglichen Vereinbarung oder sonstigen Erklärungen der Parteien ergibt, wäre es für Mieter ratsam, die Differenzbeträge auch ohne vorherige Zahlungsaufforderung des Vermieters an diesen zu leisten. Kann festgestellt werden, dass die vereinbarte Miete die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete überschreitet, kann der Mieter
das Verlangen des Vermieters auf Zahlung der höheren Miete oder auf Nachzahlung der Differenzbeträge ggf. zurückweisen. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung über die Miethöhe bzw. der Rechtmäßigkeit der Nachzahlungsforderung hat der Mieter die Möglichkeit, die vom Vermieter verlangten Differenzbeträge unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu leisten, um einerseits eine evtl. Rückzahlungsforderung geltend machen zu können und andererseits eine drohende fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) zu vermeiden.
Unabhängig von dem nunmehr als nichtig erklärten Mietendeckel gelten weiterhin die bundesgesetzlichen Regelungen zum Mietpreisrecht (§§ 556 bis 561 BGB), vor allem diejenigen zur „Mietpreisbremse“ (§§ 556d bis 556g BGB) sowie der örtliche Mietspiegel, sofern dieser nicht veraltet ist (§ 558c Abs. 3 BGB). Ob und in welcher Höhe eine Nachzahlungspflicht des Mieters besteht bzw. ob die Differenzbeträge rückwirkend gefordert werden können, bedarf einer sorgfältigen Prüfung des Einzelfalls.
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DSC Legal ist eine Notar- und Rechtsanwaltskanzlei am Pariser Platz in Berlin.
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Die Hinweise in diesem Newsletter können und sollen eine eingehende rechtliche Beratung unter umfassender Prüfung des jeweiligen Einzelfalles nicht ersetzen. Unsere Experten beraten Sie gerne über ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten und vertreten sie mit herausragender Fachkompetenz und umfangreicher Erfahrung bei der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche.
Gesetz zur Modernisierung des Wohnungseigentums
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Wohnungseigentums (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 werden die Vorschriften betreffend das Wohnungseigentum geändert. Im Folgenden sollen die wesentlichen Änderungen zusammengefasst und deren Auswirkungen auf die Praxis von Wohnungseigentümergemeinschaften und deren Verwaltung skizziert werden.
- Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen
Bislang konnte an Außenstellplätzen und sonstigen Freiflächen (z.B. Terrassen, Gartenflächen) kein Sondereigentum begründet werden. Beholfen hat sich die Rechtspraxis insoweit mit der Begründung von Sondernutzungsrechten oder Vermietungslösungen. Nunmehr führt das WEMoG die Sondereigentumsfähigkeit solcher Flächen ein. Dies hat den Vorteil, dass etwa Außenstellplätze und Gartenflächen, an denen Sondereigentum begründet wird, separat veräußert und dinglich belastet werden können. Damit erhöht sich die Rechtssicherheit sowie die Flexibilität in der juristischen Ausgestaltung. - Erleichterung von baulichen Maßnahmen
Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum bedurften bislang grundsätzlich der Zustimmung aller betroffenen Wohnungseigentümer.
Das Gesetz will bauliche Maßnahmen zur Errichtung von Lademöglichkeiten elektrisch betriebener Fahrzeuge, zur Barrierereduzierung, zum Einbruchschutz und zum Glasfaseranschluss privilegieren, in dem es jedem Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch hierauf gewährt. Die Art der Durchführung der Maßnahme kann die Gemeinschaft mitbestimmen. Die Kosten hat der begünstigte Wohnungseigentümer zu tragen.
Darüber hinaus können bauliche Maßnahmen nunmehr grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden, sofern keine grundlege Umgestaltung stattfindet und der einzelne Wohnungseigentümer durch die Baumaßnahme nicht unbillig benachteiligt wird. - Klare Vertretungsbefugnisse und erweiterter Aufgaben des Verwalters
Es ist ausdrücklich geregelt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich durch den Verwalter vertreten wird. Beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages bedarf der Verwalter jedoch eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Verwalter, wird sie durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Die Vertretungsmacht kann Dritten gegenüber nicht beschränkt werden.
Bislang bedurften Verwalter für Maßnahmen, die eine Entscheidung durch die Wohnungseigentümer aus objektiver Sicht nicht erforderten, häufig eines Beschlusses der Wohnungseigentümer, sofern ihnen der Verwaltervertrag keine weitergehenden Befugnisse einräumte. Das WEMoG stellt klar, dass der Verwalter zu Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung berechtigt und verpflichtet ist, die (i) untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder (ii) zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. - Vereinfachung von Abrechnungen, Einführung eines Vermögensberichts
Die gesetzlichen Vorgaben für Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung werden vereinfacht. Das diesen zugrunde liegende Zahlenwerk ist vom Verwalter nur noch vorbereitend zu erstellen, jedoch nicht Beschlussgegenstand. Damit sollen Rechtsstreitigkeiten über Zahlenwerke verhindert werden, die sich auf die Zahlungspflichten des jeweiligen Wohnungseigentümers nicht auswirken.
Neu eingeführt wird ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf ein vom Verwalter zu erstellenden jährlichen Vermögensbericht. In den Vermögensbericht müssen die wesentlichen Vermögensgegenstände der Gemeinschaft (Forderungen, Verbindlichkeiten, sonstige Vermögensgegenstände) aufgenommen werden.
Eine Erleichterung für die Mieterverwaltung gewährt das WEMoG insoweit, als die Betriebskosten gegenüber den Mietern nunmehr auch nach dem zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Abrechnungsmaßstab umgelegt werden können. Damit können aufwändige und fehleranfällig Umrechnungen bei der Erstellung einer Betriebskostenabrechnung für vermietete Eigentumswohnungen erspart werden. - Vorschub für Digitalisierung
Von besonderer Bedeutung während der andauernden Corona-Pandemie ist, dass das Gesetz die Online-Teilnahme an Versammlungen der Wohnungseigentümer ermöglicht. Dies können die Wohnungseigentümer entsprechend beschließen, wobei für Umlaufbeschlüsse künftig Textform (d.h. auch per E-Mail) ausreicht.
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- 10 Jahre DSC Legal – Ein feierlicher Nachmittag im Team anlässlich des Jubiläums unserer Kanzlei
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